Freitag, 13. Januar 2017

Obamas letzter Schachzug gegen Russland: In Genf soll die Republik Zypern aufgelöst werden




Eine Neugründung des Staates soll eine Beilegung des Zypern-Konflikts ermöglichen und Obamas europapolitischem Schlachtross Victoria Nuland einen letzten politischen Coup verschaffen. Dies soll auch eine Pleite wie bei der Volksabstimmung 2004 verhindern.
von Zlatko Percinic

Während sich die meisten nach dem Schock des Terroranschlages von Berlin den Weihnachts- und Neujahrsfeierlichkeiten gewidmet haben, sind auf der beliebten Mittelmeerinsel Zypern seltsame Dinge vor sich gegangen. Das alles beherrschende Thema sowohl auf der griechisch-zyprischen Seite der Republik Zypern als auch im nördlichen, seit 1974 von der Türkei besetzten Teil der Insel sind die von den Vereinten Nationen initiierten "Friedensgespräche" zur Beilegung des Konflikts.
Am heutigen 12. Januar 2017 soll nun nach Möglichkeit in Genf ein entsprechendes Abkommen unterzeichnet werden. Das Ende eines jahrzehntelangen Konflikts scheint in greifbarer Nähe zu stehen.

War dies also Grund genug für die griechisch-zyprische Bevölkerung, ihr Weihnachtsfest am 7. Januar 2017 in einer Atmosphäre der Hoffnung, ganz im Sinne der christlichen Weihnachtsbotschaft, zu begehen?
Erzbischof Chrysostomos II., das geistliche Oberhaupt aller orthodoxen Christen auf Zypern, teilte in seiner Weihnachtsansprache, die in allen Kirchen auf der Insel verkündet wurde, diese Hoffnung ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Er griff indirekt den Präsidenten der Republik Zypern an, indem er die "Lösung", die die Unterhändler ausgehandelt haben, als einen Verfassungsbruch und somit als nicht akzeptabel verurteilte. Diese Position bekräftigte der Erzbischof erneut in einem Silvesterinterview mit einem Radiosender auf Kreta, in dem er die "unerklärliche Politik" des Präsidenten Nicos Anastasiades auf einen erheblichen Druck vonseiten der Vereinigten Staaten von Amerika und insbesondere der Leiterin für europäische und eurasische Angelegenheiten im US-Außenministerium, Victoria Nuland, zurückführt.

Victoria Nuland. Wenn dieser Name fällt, löst er schon unweigerlich eine Emotion aus. Je nachdem, von welcher Seite man es betrachtet, reicht diese über Bewunderung bis hin zu regelrechtem Hass. Victoria Nuland, die "Krawallmacherin", wie es SpiegelOnline in einer seiner seltenen kritischen Anmerkungen zur US-Politik formuliert hat. Jedem, der den Ukraine-Konflikt verfolgt, wird Nuland noch sehr gut in Erinnerung sein. Wie sie in einem abgefangenen Telefonat dem damaligen US-Botschafter in Kiew - und welch Zufall, heutigen US-Botschafter in Athen - Geoffrey Pyatt mitteilt, wer welchen Kabinettsposten nach dem noch im Amt stehenden Präsidenten Viktor Janukowytsch erhalten soll. Und was sie von der Europäischen Union hält ("Fuck the E.U.").

Was hat es also mit Victoria Nuland und Zypern auf sich? 
Zum einen fällt die Insel schon rein von der geografischen Lage in ihr Aufgabengebiet. Zum anderen, und das ist der springende Punkt, hat Nuland nur noch diese eine Chance am 12. Januar, sich selbst ein weiteres Denkmal zu setzen und der US-Politik unter der Regierung Barack Obama einen letzten Schachzug mit langfristiger Wirkung zu ermöglichen. Es wird nämlich allenthalben erwartet, dass dem Auszug Obamas aus dem Weißen Haus in Washington am 20. Januar 2017 folgend auch Nuland aus dem Außenministerium ausscheiden wird.



Wir haben also auf der einen Seite einen unerbittlichen Zeitfaktor, auf der anderen aber die ideologische Überzeugung und entsprechende Ausrichtung sowie Handlungsweise einer Elite, deren Großmachtdenken im 21. Jahrhundert keinen Platz mehr hat.

Und diese Elite sieht sich durch den Wechsel im Weißen Haus massiv bedroht und die ihre Früchte ihrer Arbeit gebracht, sollte der neue Herr im Hause, Donald Trump, jenen Kurs einschlagen, der sich abzeichnet, wenn man seine Äußerungen im Wahlkampf und jüngst auf Twitter in Betracht zieht. Genau das macht ihn für die Elite - zu der Hillary Rodham Clinton gehört und deren Vertretung sie als Präsidentin übernommen hätte - unberechenbar und deshalb auch gefährlich.
Zypern befindet sich auf derselben neuen Bruchlinie, die sich zwischen zwei Weltanschauungen herauskristallisiert, wie die Ukraine und Syrien auch. Alle Länder die sich links oder rechts der roten Linie auf meiner zugegeben primitiv gestalteten Karte befinden, sind in höchstem Masse durch Instabilität bedroht. In den mit schwarzen Linien versehenen Ländern hat der "Westen" unter der Führung der USA entweder militärisch oder durch den Einsatz moderner "Regime-Change"-Techniken bereits interveniert, ohne jedoch sein Ziel erreicht zu haben.
Die rosa Linien zeigen die punktuellen Stopps, die Russland als momentaner Anführer der Widerstandsideologie, der insbesondere auch China und der Iran angehören, als Verteidigungsmaßnahme gezogen hat. Die blauen Striche zeigen die Vorherrschaft der USA/NATO und deren gewünschte Richtung an, der blaue Kreis unterhalb von Zypern das gigantische Gasvorkommen vor den Küsten Zyperns, Libanons, Israels, Gazas und Ägyptens. Die Türkei bleibt nach dem versuchten Putsch gegen Präsident Erdogan im Sommer 2016 ein großes Fragezeichen für beide Seiten.


Zypern ist also heute das, was Anfang des vergangenen Jahrhunderts Malta für Britische Empire war: ein strategisch immens wichtiges asset, um das englische Wort im geopolitischen Krieg zu benutzen. Oder anders ausgedrückt: Wer Zypern kontrolliert, kontrolliert zusammen mit Israel auch die riesigen Gasfelder und auch die noch zu bauende Transportroute in die Türkei.
Für die USA und insbesondere Victoria Nuland hat dies alles aber noch einen weiteren Aspekt. Ihr geradezu wahnhafter Hass auf Russland, den sie bereits in den späten 1990er Jahren unter Beweis gestellt und natürlich in einem politisch korrekt verfassten Aufsatz von 1998 unterstrichen hat, musste seit dem Putsch in der Ukraine einige Tiefschläge einstecken. Der militärische Tiefseestützpunkt Sewastopol auf der Halbinsel Krim wäre die eigentliche Trophäe für den Putsch in Kiew gewesen. Stattdessen ging die die ganze Krim per Volksabstimmung zurück an Russland.

In Syrien sitzt am Ende von Nulands Zeit im Außenministerium Präsident Bashar al-Assad fester im Sattel, als dies noch zu Beginn ihrer Amtszeit der Fall war. Statt Syrien aus der "Achse des Widerstands" zwischen Iran im Westen und der schiitischen Hezbollah-Miliz im Libanon herauszubrechen, wurde diese um Russland und China - sowie weitere Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Zentralasiens - erweitert. Statt Russland zu schwächen, ist unter ihrer Verantwortung ein deutlich mächtigeres Russland entstanden.

Zypern ist aus ihrer Sicht die letzte Möglichkeit, Präsident Wladimir Putin dort zu treffen, wo es wirklich weh tut. Übernimmt der "Westen" die Kontrolle über Zypern, gewinnt er zusammen mit Israel nicht nur die Kontrolle über die Gasfelder, sondern auch über die Transportroute mindestens bis in die Türkei, wenn nicht sogar bis aufs europäische Festland. Damit stünde die EU in ihren Verhandlungen mit der Türkei plötzlich viel stärker dar, und hätte die besseren "Argumentationsgrundlagen", um Ankara zur gewünschten Politik zu zwingen. 

Russland dagegen würde einen enorm wichtigen Finanzplatz verlieren sowie sich mit einer Bedrohung für den angekündigten Aufbau eines echten Marinestützpunkts im syrischen Tartus und des Luftwaffenstützpunktes Hmeimim bei Latakia konfrontiert sehen. Punkte also, die nicht ganz außer Acht zu lassen sind, wenn man die Chance erhält, es doch noch mal allen zeigen zu wollen.

Obwohl die Republik Zypern ein Mitglied der Europäischen Union und der Vereinten Nationen ist, hat es bisher weder London noch Washington und zuletzt auch nicht Brüssel es geschafft, die Inselrepublik zu einem Protektorat zu machen. Nicht, dass es keine Versuche in dieser Richtung gegeben hätte. Doch die Zyprer wehrten bisher jedweden Versuch ab, ihre völkerrechtlich anerkannte Souveränität zu verlieren. Von der EU tief enttäuscht - vom Beitritt erhoffte man sich unter anderem eine Durchsetzung von UN-Resolutionen, die die Türkei zur Räumung des besetzten Nordteils der Insel aufforderten -, schlug die Bevölkerung 2004 einen "Lösungsvorschlag" der UNO, bekannt geworden als "Annan-Plan", in einem Referendum mit einer absoluten Mehrheit aus. Der Grund war ganz simpel: Die "Lösung" hätte die türkische Besatzung und demografische Zerstörung der Insel zementiert, was für die griechischen Zyprer verständlicherweise nicht akzeptabel war. Bei sämtlichen Verhandlungsrunden seit der Besatzung gab es stets die gleiche Position sowohl in Nikosia als auch in Athen: Die türkische Besatzung muss aufhören!
Für einen Staat, der sich erst 1960 die Unabhängigkeit vom Britischen Empire erkämpft hat, allerdings unter der Auflage, dass Großbritannien bis heute zwei große Militärstützpunkte als Exklave im Süden Zyperns unterhalten darf – im Umfang von 98 Quadratmeilen! -, die als Basis für Luftangriffe im Irak und Syrien dienen und auch eine erhebliche Anzahl von Geheimdienstlern des MI6 beherbergen. Dass die Menschen auf der Insel keine weitere Besatzung wünschten, ist deshalb nicht schwer nachvollziehbar.
Doch seit dem 1. Dezember 2016 geht alles ziemlich schnell. Der neue UN-Sondergesandte für Zypern, Espen Barth Eide, gab nach einem Abendessen mit den griechischen und dem türkischen Präsidenten der Inselteile bekannt, dass beide Seiten es auf einmal ganz eilig haben und ihre Vorschläge bis Anfang Januar 2017 ausgearbeitet sehen wollen, um sich dann am 9. Januar in Genf zu treffen und die letzten gemeinsamen Feinschliffe zu bewerkstelligen. Am 12. Januar sollte es dann zur feierlichen Zeremonie kommen, zu der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker als Ehrengast und Bürge erwartet wird. Auch Vize-EU-Parlamentspräsident Dimitris Papadimoulis drängt Juncker dazu, in Genf einen Abschluss zu finden.

In seiner Ansprache zur Lage der Union vor dem Europäischen Parlament am 14. September 2016 in Straßburg, sollte Jean-Claude Juncker unter anderem diesen vereinbarten Text vortragen:
"Lassen Sie uns alle ehrlich sein mit unserer Diagnose. Unsere Europäische Union ist, zumindest teilweise, in einer existenziellen Krise. [...] Nie zuvor habe ich Repräsentanten von EU-Institutionen gesehen, die ganz andere Prioritäten setzen, manchmal in direkter Opposition zu nationalen Regierungen und nationalen Parlamenten. Es ist, als ob es fast keine Schnittpunkte mehr zwischen der EU und ihren nationalen Hauptstädten gibt. [...] Nie zuvor habe ich so viel Fragmentierung und so wenig Gemeinsamkeit in unserer Union gesehen."
Nichts davon hat er in seiner tatsächlichen Rede erwähnt. Stattdessen implizierte Juncker, dass sich die EU in der Tat vor ihren Partnern lächerlich macht und man sich die Frage stellt, ob die Union überhaupt noch ein zuverlässiger und vertrauenswürdiger Partner ist. Er gab auch zu, dass "Millionen von Europäer zuhause die Entscheidungsprozesse nicht mehr verstehen und wie wir miteinander arbeiten." Die Schuld an diesem Zustand fand Juncker allerdings nicht bei den demokratischen Defiziten der EU, sondern an der "furchtbaren Vergangenheit, dass wir das geworden sind, was wir sind." Er erwähnte auch den Zypern-Konflikt: "[...] Europa ist eine treibende Kraft, die dabei helfen kann, die Wiedervereinigung von Zypern zu bringen..."
Was sich zunächst gut anhört, ist in Wahrheit aber ein perfider Plan nicht nur zum Sturz der Regierung von Präsident Anastasiades, an welchem er persönlich mitarbeitet, sondern auch zur faktischen Auflösung der Republik Zypern, eines völkerrechtlich anerkannten Staates und - nicht zu vergessen - auch eines EU-Mitglieds. Die Fäden im Hintergrund ziehen hauptsächlich die USA, Großbritannien, die Türkei und Israel, während sich die EU und die UN einmal mehr als willfährige Instrumente einer hegemonialen Großmachtpolitik diskreditieren und nicht einmal davor zurückschrecken, ihre eigene Verfassung und Charta infrage zu stellen.

Klingt absurd? Verschwörerisch? Sie haben recht! Und doch ist es auch eine traurige Tatsache.

Obwohl die Europäische Union offiziell die ungeteilte Republik Zypern als Mitglied aufgenommen hat, wird zwar festgehalten, dass die Insel zu diesem Zeitpunkt de facto geteilt war und nach wie vor ist, aber dass "ganz Zypern EU-Territorium ist. Türkische Zyprer sind EU-Bürger, wie sie auch Bürger eines EU-Landes - der Republik Zypern - sind, selbst wenn sie in einem Teil von Zypern leben, der nicht unter Regierungskontrolle steht".
Es wird also unmissverständlich klargemacht, dass die EU die ganze Insel Zypern in die Union aufgenommen hat, wie sie eben auch 1960 völkerrechtlich durch die Vereinten Nationen anerkannt wurde. Es wird zwar de facto auf die türkische Besetzung und Teilung der Insel hingewiesen, rechtlich, also de jure, wird diese Teilung aber nicht anerkannt. Im Gegenteil: Es wird klar darauf verwiesen, dass auch die türkischen Zyprer - ob damit auch die von der Türkei importierten Siedler gemeint sind, ist nicht klar - Bürger der EU sind. Mit dem Hinweis, dass dieser Teil des Territoriums "nicht unter Regierungskontrolle steht", bestätigt Brüssel ebenso deutlich, dass die Türkei ein EU-Mitglied zur Hälfte besetzt hält – logischerweise einschließlich der in der Besatzungszone lebenden Menschen.

Indem nun aber Vertreter der EU sowie auch teilweise nationale Regierungen - darunter auch Deutschland - hingehen und nur noch von einer "Wiedervereinigung" sprechen, wird diese klare Definition einer türkischen Besetzung völlig aufgeweicht. Als Angela Merkel 2005 noch vor ihrer ersten Kanzlerkandidatur stand, betrachtete sie diese noch als "starke Belastung". Auch ein Vergleich mit der deutschen Wiedervereinigung ist nicht stichhaltig, da sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Deutsche Demokratische Republik jeweils als eigenständige Staaten - wenn auch nicht von allen - international anerkannt wurden. In Zypern aber wurde die unter Besatzung stehende und 1983 einseitig ausgerufene Türkische Republik Nordzypern nur vom Besatzer selbst, der Türkei, anerkannt. Auch die Vereinten Nationen erklärten die damit verbundene Unabhängigkeitserklärung für ungültig. Wenn also ein Teil eines Staates unter Besatzung steht, diese von internationalen Organisationen auch entsprechend gewürdigt wurde, kann es keine "Wiedervereinigung" geben, sondern höchstens ein "Ende der Besatzung" wie im Libanon, als sich die Besatzungsmächte Israel - nicht vollständig, da die Sheeba-Farmen immer noch unter israelischer Kontrolle stehen - und Syrien zurückgezogen hatten.  
Dennoch reisen nun Zyperns "Garantiemächte" - ein Relikt kolonialer Denkweise, der den türkischen Einmarsch 1974 erst ermöglicht hat - Großbritannien, Türkei und Griechenland sowie natürlich die legitimen Regierungsvertreter Zyperns und deren türkische Widersacher nach Genf, um offiziell im Geiste einer "Wiedervereinigung" ein Abkommen zu erzielen. Dies sollte selbstverständlich beinhalten, dass am Ende dieser "Wiedervereinigung" die territoriale Einheit der Republik Zypern wiederhergestellt wird und die Regierung in Nikosia wieder volle Souveränität über die ganze Insel und deren Bürger ausübt. 
Das ist aber nicht das, was in den Verhandlungsräumen am schönen Genfer See besprochen wird. Nebst Punkten wie Sicherheit, Regierung, Restitutionen, Verfassung, Eigentum und vielen mehr wird auch das Thema der türkischen Besatzungsmacht Gegenstand der Verhandlungen sein. Im Vorfeld zeigten sich erwartungsgemäß beide zypriotischen Seiten hart: Während die griechische Seite alles andere als einen vollständigen Rückzug der türkischen Truppen nicht akzeptieren will, sieht es die türkische als unabdingbar an, dass die Truppen bleiben. Außerdem machte es der Sprecher der Regierung in Nikosia nicht gerade besser, als er Ende Dezember bekannt gab, dass das Gründungsabkommen der Republik Zypern in Kraft bleiben würde, welches eben einem der drei "Garantiemächten" das Recht zugesteht, eine "limitierte Intervention" auf Zypern vorzunehmen, sollte es zu einem Bruch des Gründungsabkommens kommen. Das würde bedeuten, dass man genau jenes Abkommen bekräftigt, welches zur türkischen Invasion geführt hat. Es ist nur schwer vorstellbar, dass das tatsächlich von irgendeiner Seite in Erwägung gezogen wird.
Außerdem sieht die Lösung nicht etwa die Wiederherstellung der Republik Zypern vor, eines EU- und UN-Mitglieds - man kann es nicht oft genug wiederholen -, sondern die Gründung eines neuen rechtlichen Konstrukts. Laut übereinstimmenden Berichten und Aussagen mehrerer Seiten wurde an jenem Abend des 1. Dezember beim UN-Sondergesandten Espen Barth Eide die Gründung des "Vereinten Föderalen Zypern" (United Federal Cyprus) beschlossen. Laut dem türkisch-zyprischen Führer Mustafa Akinci soll diese auch der neue Staat sein, der ein eventuelles Abkommen in Genf unterzeichnen soll, was angesichts des Beistandes von Jean-Claude Juncker und weiteren Regierungsvertretern einem Gründungsakt gleichkommt.
Aus Sicht der EU wäre das eine illegale - weil gegen sämtliche EU-Abkommen und den diesen zugrundeliegenden Geist verstoßende -, aber schon fast teuflisch geniale Lösung. Man hätte das Problem eines besetzten EU-Mitglieds mit ein paar Unterschriften aus der Welt geschafft, ohne dass auch nur ein Schuss oder ein Mensch gefallen ist. Mit der Gründung des "Vereinten Föderalen Zypern" könnte dessen Verfassung von der Pike auf neu erarbeitet werden, ohne Rücksicht auf politische Altlasten der Republik. Zudem wäre auch hinsichtlich der festgefahrenen Situation mit der Türkei und damit verbundenen Themen wie EU-Beitritt, Visafreiheit, Flüchtlinge, Terror, NATO und Energie einer der wichtigsten Hinderungsgründe für deren EU-Mitgliedschaft über Nacht gelöst, was auch absolut im Sinne der USA liegt.  Und mit völliger Ignoranz könnte man sogar behaupten, dass dieser Schritt ohne jeglichen äusseren Druck zustande kam und von beiden politischen Seiten Zyperns, der Republik Zypern und der Türkischen Republik Nordzypern, vereinbart und durch die Vereinten Nationen abgesegnet wurde. Dass dabei aber die Verfassung der Republik Zypern verletzt wurde, nach welcher nicht der Präsident und erst recht nicht ausländische Personen oder Institutionen das Recht haben, irgendwelche Entscheidungen zu treffen, die die Souveränität der Republik Zypern gefährden oder verändern, scheint belanglos zu sein. Einzig und allein eine Volksabstimmung kann über solche Fragen eine Entscheidung herbeiführen. Dass also Regierungsvertreter in Genf über den Status der Souveränität verhandeln, ist schon problematisch. Wenn aber nun auch ein Abkommen unterzeichnet werden sollte, wäre dies ein Verfassungsbruch.

Einer gut informierten Quelle zufolge soll das Problem mit der türkischen Besatzungsarmee ebenfalls in ähnlich "innovativem" Stil gelöst werden. Demnach soll die türkische Regierung im April 2016 alle Mitglieder des UN-Sicherheitsrates in Geheimgesprächen dahingehend informiert haben, dass eine für alle Seiten des Konflikts zufriedenstellende Formel gefunden worden wäre. Um der griechisch-zyprischen Forderung nach einem vollständigen Abzug der türkischen Truppen nachzukommen, würde die Regierung in Ankara sämtliche Truppen - bis auf die im Gründungsabkommen der Republik Zypern festgesetzte Obergrenze - tatsächlich abziehen. Um aber der Forderung der türkisch-zypriotischen Seite nach dem Erhalt der Truppen zu entsprechen, würden die gleichen Truppen wieder zurückkehren. Diesmal allerdings unter NATO-Flagge und mit entsprechendem NATO-Mandat. Der Besatzer von gestern sollen dann der Sicherheitsgarant für morgen werden und in Zukunft für die Sicherheit des neuen Staates sorgen. Die "Traumlösung" der US-Militärs seit vielen Jahren! Nicht auszuschließen sei demnach auch die Variante, dass, um die griechische Seite milder zu stimmen, die "alte" Republik ihre kleine Armee in Form von Luftabwehr und/oder hochtrainierten Spezialkommandos behält.
Dass dieser ganze Plan - sollte er sich denn tatsächlich nach diesem Skript in Genf abgewickelt werden und zudem noch die Unterschriften der drei "Garantiemächte" erhalten - unter der Ägide von Espen Barth Eide am Rande eines Abendessens formalisiert wurde, kann kein Zufall sein. Als ehemaliger Außenminister von Norwegen und sehr guter Freund von Jens Stoltenberg, dem aktuellen NATO-Generalsekretär und zuvor zweimaligen Ministerpräsidenten Norwegens, dienten die beiden Männer im Königreich sogar zusammen in einer Regierung. Dass Barth Eide früher oder später eine Position innerhalb der Vereinten Nationen suchen würde, hat die US-Botschaft in Oslo bereits 2008 festgehalten, da half sicher seine offensiv vorgetragene Haltung, dass er die NATO als "Eckpfeiler für die Sicherheit Norwegens" betrachtet. Das Bindeglied zwischen USA, NATO, Türkei und EU ist aber Victoria Nuland.

Es bleibt nur zu hoffen, dass auch der letzte Versuch der Victoria Nuland, einen Regime Change zu erwirken, scheitern wird und nüchterne Köpfe sich durchzusetzen wissen. Andernfalls werden wir alle in einem neuen Europa erwachen, in welchem das Prinzip der staatlichen Souveränität endgültig der Vergangenheit angehört.


https://deutsch.rt.com/europa/45254-teuflischer-winkelzug-genf-eu-zypern/

https://en.wikipedia.org/wiki/Victoria_Nuland

Zum Thema: 

Die Blindheit der Europäischen Union gegenüber der Militärstrategie der USA von Thierry Meyssan


 

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