Nach
einem hektischen Wahlkampf qualifizierten die Franzosen Emmanuel Macron
und Marine Le Pen für die zweite Runde der Präsidentschaftswahl.
Fast alle geschlagenen Kandidaten, mit Ausnahme von Jean-Luc
Mélenchon - und das ist kein Zufall - haben schon aufgerufen für Macron
zu stimmen, der also leicht die Stichwahl gewinnen dürfte.
Die beiden großen historischen Parteien, die Frankreich seit Anfang
der fünften Republik regiert haben, die Republikaner (Ex-Gaullisten) und
die sozialistische Partei (Ehemalige Jaurès Anhänger) haben verloren.
Stattdessen kommt ein Neuling von En Marche! auf den ersten Platz und
steht dem FN [der Nationalen Front] gegenüber.
Gibt es einen Faschismus-Kandidaten?
In der französischen Geschichte ist es nicht das erste Mal, dass so
eine Kluft entsteht: auf der einen Seite, ein Unterstützer des
Bündnisses mit dem, was die größte Macht des Augenblicks zu sein scheint
(die Vereinigten Staaten), auf der anderen, eine Partei auf der Suche
nach nationaler Unabhängigkeit; auf der einen Seite, die ganze
herrschende Klasse, praktisch ohne Ausnahme, auf der anderen, eine aus
von überall zusammengelaufenen Leuten bestehende Partei, überwiegend
Proletarier, deren zwei Drittel von rechts kommen und ein Drittel von
links.
Natürlich wird der künftige französische Präsident Herr Macron sein;
ein Mann der Rothschild & Co Bank, der jetzt schon von allen
Unternehmern des CAC40 unterstützt wird.
Nun, ob es unseren Vorurteilen entspricht oder nicht, ist die
Einstimmigkeit der Geld-Mächte aber das grundlegende Merkmal der
faschistischen Parteien.
Diese Einstimmigkeit des Großkapitals ist immer von einer Einheit der
Nation begleitet, die die Unterschiede verwischt. Um gleich zu sein,
muss man identisch werden. Das ist genau, was Präsident Hollande in den
Jahren 2012/13 mit dem Gesetz zur « Mariage pour tous », ["Ehe für
alle"] begonnen hat. Als Gleichberechtigung der Bürger dargestellt,
unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, sagt es in der Tat, dass
die Bedürfnisse von Familien mit Kindern identisch wären mit denen der
homosexuellen Paare. Es gab jedoch andere, intelligentere Lösungen. Der
Widerstand gegen dieses Gesetz führte zu riesigen Demos, die leider
keinen anderen Vorschlag brachten und manchmal schwulenfeindliche
Sprüchen aufkommen ließen.
Genau so wurde das Attentat gegen Charlie Hebdo mit "Ich bin
Charlie!"-Rufen gefeiert, und Bürger, die sich "nicht Charlie" fühlten,
wurden verfolgt.
Es ist traurig, dass die Franzosen weder gegen die Einstimmigkeit des
großen Kapitals reagieren, noch gegen die Anordnungen auf die gleichen
juridischen Geräte zurückzugreifen und die gleichen Parolen
nachzuplappern. Stattdessen verharren sie in der Überzeugung, die
Nationale Front [FN] als eine "faschistische" Strömung zu betrachten,
ohne jegliches andere Argument als ihre ferne Vergangenheit.
Kann man dem Kandidat des Faschismus standhalten?
Die meisten Franzosen denken, dass Emmanuel Macron ein Präsident wie
Sarkozy und Hollande sein wird, ein Mann, der ihre Politik fortsetzen
wird. Sie erwarten daher, dass ihr Land noch und noch absinken wird. Sie
akzeptieren diesen Fluch im Glauben, dass sie so die Gefahr des
Rechtsextremismus vermeiden.
Viele erinnern sich, dass die Verlierer des zweiten Weltkriegs und
der sozialistischen Politik der Kolonisierung Algeriens, in der
Nationalen Front zu ihrer Gründungszeit Unterschlupf fanden. Sie heben
Figuren von einigen Kollaborateuren mit den Nazi-Besatzern hervor, ohne
zu bemerken, dass der Front National von heute absolut nichts mit diesen
Leuten gemein hat. Sie machen weiterhin Leutnant Jean-Marie Le Pen
(Vater von Marine Le Pen) für das algerische Drama verantwortlich und
entschuldigen die Verantwortung der damaligen sozialistischen Führer,
vor allem jene des schrecklichen Innenministers François Mitterrand.
Niemand erinnert sich, dass 1940 ein faschistischer Minister, General
Charles De Gaulle, den „Waffenstillstand der Schande“ mit
Nazi-Deutschland verweigerte. Dieser Mann, offizieller Nachfolger von
Marschall Philippe Pétain (der der Pate von seiner Tochter war), begann
den Widerstand allein. Gegen seine Ausbildung und seine Vorurteile
kämpfend versammelte er langsam, gegen seinen ehemaligen Mentor, aus
allen Bereichen kommende Franzosen um sich, um die Republik zu
verteidigen. Er umgibt sich mit einer linken Persönlichkeit: Jean
Moulin, der wenige Jahre zuvor heimlich Geld aus dem Marine-Ministerium
abgezweigt und Waffen verkauft hatte, um die spanischen Republikaner
gegen die Faschisten zu unterstützen.
Niemand erinnert sich, dass ein Kollege von De Gaulle, Robert
Schuman, seine Unterschrift auf den „Waffenstillstand der Schande“
setzte, und dann, ein paar Jahre später, die Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft (heute Europäische Union) gründete; eine
supranationale Organisation, die auf dem Nazi-Modell von der "neuen
europäischen Ordnung" beruht, gegen die Sowjetunion und heute gegen
Russland.
Das Obama-Clinton Modell
Emmanuel Macron hat die Unterstützung des ehemaligen US-Präsidenten
Barack Obama bekommen. Er hat ein Außenpolitik-Team aufgestellt, das aus
führenden neokonservativen Diplomaten besteht und macht keinen Hehl aus
seiner Unterstützung der Außenpolitik der US-Demokraten.
Wenn Barack Obama auch seine Außenpolitik mit einer Rhetorik
vorgestellt hat, die der von seinem Vorgänger, dem Republikaner George
W. Bush, diametral entgegengesetzt war, ist er in der Praxis aber in
allen Punkten in seine Fußstapfen getreten. Die beiden Männer haben
nacheinander den gleichen Vernichtungsplan der Gesellschaften des
Erweiterten Nahen Osten geführt, der schon mehr als 3 Millionen Menschen
das Leben gekostet hat. Emmanuel Macron unterstützt diese Politik,
obwohl man noch nicht weiß, ob er sie mit der "Demokratisierung" oder
mit der "spontanen Revolution" rechtfertigen wird.
Hillary Clinton hat die US-Wahlen verloren, Emmanuel Macron dürfte in Frankreich gewinnen.
Nichts beweist, dass Marine Le Pen fähig sein wird, die Rolle von Charles De Gaulle zu spielen, aber drei Dinge sind sicher:
Ebenso
wie die Briten im Jahre 1940 ihren Ekel unterdrückten, als sie De
Gaulle in London aufnahmen, so werden die Russen heute Le Pen
unterstützen.
Ebenso
wie im Jahr 1939, als nur wenige Kommunisten den Anweisungen ihrer
Partei trotzten um den Widerstand aufzunehmen, sind heute nur wenige
Anhänger von Jean-Luc Mélenchon bereit, diesen Schritt zu wagen. Aber
nach dem Nazi-Angriff auf die Sowjetunion, unterstützte dann die ganze
kommunistische Partei De Gaulle und bildete die Mehrheit des
Widerstandes. Es besteht kein Zweifel, dass in den nächsten Jahren
Mélenchon an Seiten von Le Pen kämpfen wird.
Emmanuel
Macron wird nie die Leute verstehen, die sich gegen die Herrscher ihrer
Heimat auflehnen. Er wird also auch nicht die Völker des "Erweiterten
Nahen Ostens" verstehen, die mit der Hisbollah, der islamischen Republik
Iran und der Arabischen Republik Syrien für ihre wirkliche
Unabhängigkeit kämpfen.
Übersetzung
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen