Donnerstag, 6. Dezember 2018

Kramp-Karrenbauer und ihr Nichtwissen über die Annexion des Saarlands.

Von Peter Haisenko
Äußert sich AKK zu Russland, verfällt sie sofort in das Mantra vom aggressiven Russland, das die Krim völkerrechtswidrig annektiert hätte. Sie als Saarländerin sollte besser wissen, welche Ungereimtheiten mit der Angliederung von Teilstaaten an Nationalstaaten entstehen können.
Verglichen mit der Sezession der Krim war weder die Eingliederung des Saarlands als 10. Bundesland in die BRD noch die sogenannte Wiedervereinigung auch nur annähernd völkerrechtskonform.
Das Saarland hat eine wechselvolle Geschichte. Das ist kein Wunder, wegen seiner geografischen Lage zwischen Frankreich, Luxemburg und Deutschland. Wegen seiner reichen Bodenschätze gab es Begehrlichkeiten von allen Seiten.
Besonders Frankreich hat sich öfters dieses Gebiets bemächtigt, so auch nach dem Zweiten Weltkrieg. Den Vorgang, wie das Land wieder zur jungen BRD kam, sollte man genauer betrachten. Um es gleich vorab festzustellen: Es gab kein Referendum, in dem die Bürger darüber hätten abstimmen können.

Die Mehrheit der Bevölkerung stimmte 1955 gegen das „Saarstatut“

Nach 1945 war das Saarland im Wesentlichen unter Kontrolle Frankreichs, aber es gab bis 1955 Bemühungen, das Saarland im Zentrum Europas auch zum politischen Zentrum eines enger zusammenrückenden Europas zu machen.
Es gab das „Saarstatut“, die Vision des saarländischen Ministerpräsidenten Johannes Hoffmann, der das Saarland zum ersten europäischen Territorium machen wollte. Die Planung ganzer Stadtteile in und um Saarbrücken, die die heute in Brüssel, Luxemburg und Straßburg befindlichen Institutionen der Europäischen Union aufnehmen sollten, war bereits angelaufen.
Am 23. Oktober 1955 wurde schließlich nach einem heftig geführten „Abstimmungskampf“ eine Volksbefragung über die Zukunft des Landes durchgeführt, wobei 67,7 Prozent der Saarländer mit „Nein“ stimmten und sich damit gegen das Saarstatut entschieden. Mehr darüber hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_Saarlandes
Wohlgemerkt, es war eine Volksbefragung, keine Abstimmung. Dennoch werteten die politisch Verantwortlichen in den beteiligten Regierungen diese Volksbefragung als Wunsch der Saarländer, sich der Bundesrepublik anzuschließen.
Am 27. Oktober 1956 wurde in Luxemburg der Saarvertrag abgeschlossen, worauf das Gebiet am 1. Januar 1957 als zehntes Land (ohne West-Berlin) zur Bundesrepublik Deutschland kam (sogenannte kleine Wiedervereinigung).
1956 waren die Nachkriegswirren weitgehend überwunden und es hätte nichts dagegen gesprochen, diesen Vorgang mit einer ordentlichen Volksabstimmung völkerrechtskonform durchzuführen. Das wollte man offensichtlich nicht, denn der Ausgang war nicht sicher.
Schließlich waren die 67,7 Prozent der Volksbefragung entstanden für ein Thema, das einen Wiederanschluss des Saarlandes an die BRD nicht beinhaltete und zu dieser Zeit die Nähe zu Frankreich durchaus attraktiver erscheinen konnte, vor allem, was die wirtschaftliche Situation betraf.

Die Sezession der Krim wurde mit großer Mehrheit per Volksabstimmung entschieden

Das völkerrechtskonforme Prozedere von Volksabstimmungen über eine Sezession und folgender Angliederung an die BRD hat im Saarland nicht stattgefunden. AKK sollte das wissen. Vergleicht man nun das Prozedere auf der Krim ist festzustellen, dass dort eine Volksabstimmung über die Sezession von der Ukraine stattgefunden hat, die mit überwältigender Mehrheit für die Sezession ausgegangen ist.
Dem folgte die weitere Volksabstimmung, die mit gleicher Mehrheit für eine Aufnahme in die russische Föderation ausging. Russland hat dem zugestimmt und die Krim in seinen Bund aufgenommen. Wenn also in einem von beiden Fällen von einer Annexion gesprochen werden kann, dann nicht bei der Krim, sondern eher beim Saarland. Die ehemalige Ministerpräsidentin AKK sollte das wissen.
Betrachten wir dazu kurz die sogenannte Wiedervereinigung. Auch hierbei ist über die Köpfe der Bürger entschieden worden. Niemand hat die Bürger in Ost oder West abstimmen lassen, ob, in welcher Form und mit welchen Konsequenzen das gewünscht wird.
Die Folge war, dass nach den Morden an Herrhausen und Rohwedder ein beispielloser Raubzug, angeführt durch die Treuhandanstalt, die Substanz der ehemaligen DDR an das westliche Kapital verramscht hat. Es fand eine Völkerwanderung nach Westen statt, weil die Bürger der ehemaligen DDR ihrer Lebensgrundlage verlustig gegangen sind.
Wäre dieser Vorgang völkerrechtskonform abgelaufen, mit einer soliden Diskussion über die Vorgehensweise und die Wahrung von Rechten auf beiden Seiten, mit einer darauf folgenden Volksabstimmung, wäre ganz Deutschland heute in einem anderen, besseren Zustand.

Auf die 1990 versprochene Verfassung warten die Deutschen bis heute

DDR-Bürger und Saarländer haben noch etwas gemeinsam. Beide hatten eine Verfassung, bevor sie Teil der BRD geworden sind. Das Saarland seit 1947, die DDR seit 1949. Jetzt haben sie nur noch ein Grundgesetz, das nach seiner Präambel ein Provisorium ist.
Obwohl man den deutschen Bürgern 1990 die Schaffung einer Verfassung und die Volksabstimmung darüber versprochen hatte, ist das auch nach 28 Jahren nicht eingehalten worden. Bis heute gibt es sogar in den Tarifverträgen und bei den Renten Unterschiede zwischen „Ost“ und „West“.
So darf man sich nicht wundern, wenn sich bis heute manche Ex-DDR-Bürger abgehängt und übervorteilt fühlen. Man darf spekulieren, ob es auch so gekommen wäre, wenn die „Wiedervereinigung“ ordentlich nach Völkerrecht und mit Volksabstimmung abgelaufen wäre.
So frage ich mich, mit welcher arroganten Haltung sich AKK, Merkel und all die anderen erdreisten, heute den völkerrechtskonformen Vorgang auf der Krim als Annexion zu bezeichnen und das als immerwährendes Argument für „eine harte Haltung“ gegenüber dem „aggressiven“ Russland anzuführen.
Ja, Russland war so aggressiv, dass es so lange Nachbarstaaten in seinen Einflussbereich gezogen hat, bis die NATO an seinen Grenzen stand. Oder war es vielleicht doch anders herum? Zurück zur Krim.
Ich stelle fest, dass das Leben sowohl für die Saarländer als auch für die DDR-Bürger nicht für alle umfassend besser geworden ist, nachdem sie von der BRD eingliedert, oder vielleicht sogar annektiert worden sind. Zumindest nicht in wirtschaftlicher Hinsicht. Das ist auf der Krim anders.
Nicht nur, dass auf der Krim kein Schuss gefallen ist, geht es dort den Bürgern heute deutlich besser und es herrscht große Zufriedenheit über den Status in der russischen Föderation. Das verwundert nicht, denn es war der Wunsch der Bürger, die darüber abstimmen durften.
Das steht im Gegensatz zum Rest der Ukraine, deren Bürger nicht darüber abstimmen durften, ob sie nach dem Maidan-Putsch zum Beispiel die russische Sprache ablegen wollen. Das war es nämlich, was den Bürgerkrieg im Osten ausgelöst hat. Über die wirtschaftliche Lage in dem von einem Oligarchen geführten Land muss man kein Wort verlieren.

Wer von „Annexion“ spricht, darf die Geschichte des Saarlands nicht vergessen

Gerade deutsche Politiker sollten sehr vorsichtig sein mit jeglichen Urteilen über völkerrechtskonformes Verhalten anderer Länder. Nicht nur, dass der völkerrechtliche Status der BRD zweifelhaft ist, beteiligt sich die BRD an völkerrechtswidrigen Kriegseinsätzen.
Wie Ex-Kanzler Schröder festgestellt hat, war schon der Kriegseinsatz in Jugoslawien völkerrechtswidrig, den er selbst und Herr Fischer zu verantworten haben. Die bis heute durchgeführten Einsätze der Luftwaffe in syrischem Luftraum sind es auch, wie ein Gutachten der Regierung festgestellt hat.
Im Gegensatz dazu hat die russische Föderation seit ihrer Gründung vor 28 Jahren keinen einzigen Verstoß gegen das Völkerrecht begangen. Es würde den Rahmen eines Artikels sprengen, dem gegenüber die Verstöße der USA gegen das Völkerrecht aufzuzählen.
Angesichts der aufgeführten Tatsachen sollte man sich schon fragen, ob AKK, Merkel & Co. eine selektive Amnesie zur Geschichte haben, oder das Völkerrecht gar nicht kennen, oder den Weisungen eines Hegemon Folge leisten, wenn sie auf Russland einprügeln.
Dass diese manische Haltung nicht dem Willen der Mehrheit der deutschen Bevölkerung entspricht und der Wirtschaft großen Schaden zufügt, kann ihnen nicht entgangen sein. Trotzdem machen sie weiter, bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Ist das noch demokratisches Handeln? Ach ja, in Russland herrscht ja angeblich ein Regime, das die Demokratie mit Füßen tritt. Das muss bekämpft und bestraft werden.
AKK hat sich mehrfach als würdige Nachfolgerin von Merkel qualifiziert, was ihre hasserfüllten Äußerungen gegenüber Russland betrifft. Sie, die Saarländerin, sollte anhand der Geschichte ihres Geburtslandes besser informiert sein über völkerrechtskonforme Verfahren, wie und wo sie tatsächlich angewendet worden sind.
In Deutschland jedenfalls, gab es nach 1945 kein einziges Verfahren zur Veränderung der Größe des Staatsgebiets, über das die Bürger nach Völkerrecht hätten abstimmen dürfen. Wer von einer „Annexion der Krim“ spricht, sollte auch die Eingliederung des Saarlandes und der DDR in die BRD bei gleichem Namen nennen. Da wäre es eher angebracht.
Eine ausführliche Betrachtung über den Völkerrechtsstatus der Krim-Sezession hat Reinhard Merkel – nein, er ist nicht verwandt mit der Kanzlerin – bereits im Jahr 2014 verfasst und in der FAZ veröffentlicht.
Diese Ausführungen sollten in Regierungskreisen bekannt sein. Immerhin lehrt Reinhard Merkel Strafrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Hamburg.

Der Kampf um die Krim als Problem des Staats- und Völkerrechts

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Die Frage ist nach wie vor hochaktuell, inwieweit Deutschland ein souveräner Staat ist. Wolfgang Schimank hat sich dieser Frage umfassend gewidmet und mit seinem Werk „Ist Deutschland ein souveräner Staat“ so aufgearbeitet, dass es wie ein Krimi zu lesen ist. Erhältlich im Buchhandel oder direkt zu bestellen beim Verlag hier. 

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