Nicht
alles, was sich küßt, ist sich freundschaftlich gesonnen.
Das
ist, wie mit dem „Du“, das einem von jedem inflationär offeriert
wird, meistens von Leuten, die man doch lieber auf Abstand halten
möchte.
Noch
viel unerfreulicher ist die, auch unter Fremden grassierende Unsitte,
sich zu umarmen und zu küssen. Die ursprünglich in Frankreich, und
nur sehr guten, persönlichen Freunden vorbehaltene Sitte, sich sehr
leicht zu umarmen und rechts/links einen leichten Kuß auf die Wangen
anzudeuten, ist zu einer plumpen Masche verkommen, bei der häufig
nicht nur die Küsse verrutschen. Wird dabei noch die körperliche
Distanz, die einfach dem guten Geschmack geschuldet sein sollte,
unterschritten, wird es unästhetisch, zumindest für den, der eine
feine Nase hat und sich höchst ungern von irgendwelchen Fremden
vereinnahmend „umarmen“ lässt.
Heißt
es doch nicht umsonst „Abstand halten“.
Nun
mag es ja generell von der Natur Benachteiligte geben, für die die
krude Annäherung der Umarmung-Kuß-rechts-links-Manie die einzige
Gelegenheit ist, jemals „umarmt und geküsst“ zu werden. Es kann
auch nicht ausgeschlossen werden, daß gewisse Damen bereits bei
solchen Gelegenheiten orgiastische Gefühle erleben. Das gleiche mag
auch zutreffen für gewisse Herren in mehr oder minder
fortgeschrittenen Alter, die bei Umarmung-Kuß- rechts-links-Manie
die unwiederbringliche Chance haben, sich einem sonst unerreichbaren
weiblichen Wesen zu nähern.
Bisweilen
soll es in früheren Zeiten durchaus schon alte Politiker gegeben haben,
die sich auf den Mund küssten, obwohl sie nicht, wie es heute
tolerant heißt, schwul waren. Es gab da einmal ein Foto von
Honnecker/Breschniew.
Kann
sich jemand vorstellen, dass die ehemalige britische
Premierministerin sich hätte von ihren jeweiligen Besuchern küssen
lassen? Sie war eben nicht nur „eisern“, sie war auch eine Lady!
Die
heutigen Oberhäupter der sogenannten westlichen Wertegemeinschaft
haben da, selbst bei vorhandenen Aversionen, keine Berührungsängste
mehr. Man umarmt sich, küßt sich hingebungsvoll, sogar mit
geschlossenen Augen und erlaubt damit die Überschreitung sämtlicher
„roter Linien“ der persönlichen Unangreifbarkeit im wörtlichen
Sinn.
Wie
soll der jenige, dem man das Überschreiten dieser „roten Linie“
gestattet hat, jemals wieder in seine Schranken verwiesen werden?
Da
ist dann von sogenannten Freunden die Rede, deren „Freundschaft“
absolut nichts wert ist, auf die jeder normale Mensch verzichten
sollte und Politiker im besonderen, verzichten müssen, wollen sie
sich nicht der Lächerlichkeit preisgeben.
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