Donnerstag, 21. Juni 2018

Deutschland und Syrien. Von Thierry Meyssan

Die Beziehungen zwischen Deutschland und Syrien waren zur Zeit Kaiser Wilhelm II. ausgezeichnet, heute sind sie katastrophal. Das kommt daher, dass Berlin seit dem Kalten Krieg der Hinterhof der Muslim-Bruderschaft geworden ist, um die Arabische Republik Syrien zu stürzen. Seit 2012 arbeiten das Auswärtige Amt und die Denkfabrik des Bundes SWP (Stiftung Wissenschaft und Politik) direkt im Auftrag des tiefen US-Staates an der Zerstörung des Landes.

Historisch hatte Deutschland ausgezeichnete Beziehungen mit dem Osmanischen Reich im frühen 20. Jahrhundert. Kaiser Wilhelm II., der vom Islam fasziniert war, setzte archäologische Ausgrabungen, vor allem in Baalbeck fort und beteiligte sich am Bau der ersten Eisenbahnen, wie die Strecke Damaskus-Medina. Das Reich und die Hohe Pforte forderten gemeinsam die Briten heraus, als sie die "große arabische Revolte" von 1915 organisierten, verloren dann den ersten Weltkrieg und wurden infolgedessen aus der Region ausgeschlossen (Sykes-Picot-Sazonow-Abkommen).

Während des Kalten Krieges holte sich die CIA einige der besten NS-Offiziere, um ihren Kampf gegen die UdSSR weiterzuführen. Unter ihnen war Gerhard von Mende, der sowjetische Moslems gegen Moskau rekrutiert hatte [1]. Dieser Hohe Beamte installierte 1953 Saïd Ramadan, den Chef der Muslim-Bruderschaft außerhalb von Ägypten in München [2].


Zur gleichen Zeit entsendet die CIA - verdeckt - Nazi-Offiziere an alle möglichen Orte in der Welt, um gegen pro-sowjetische Kräfte zu kämpfen. Zum Beispiel Otto Skorzeny nach Ägypten, Fazlollah Zahedi in den Iran und Alois Brunner [3] nach Syrien. Alle organisieren die lokalen Geheimdienste nach dem Modell der Gestapo. Brunner wird erst viel später, im Jahr 2000, von Präsident Bachar Al-Assad verdrängt werden.
In der Zeit der Khomeini-Revolution von 1979 bis zu den Anschlägen des 11. September 2001 pflegt West-Deutschland einen vorsichtigen Umgang mit der Bruderschaft. Als Syrien damals die DDR anerkannte, willigte es allerdings auf Antrag der CIA ein, den Putschisten, die den Staatsstreich von 1982 gegen den Präsidenten Hafez Al-Assad versucht hatten, politisches Asyl anzubieten, unter anderen auch dem ehemaligen höchsten Führer, Issam al-Attar (Bruder der syrischen Vizepräsidentin Nadschah Al-Attar). In den 1990er Jahren reorganisiert sich die Bruderschaft in Deutschland mit Hilfe von zwei Geschäftsleuten, dem syrischen Ali Ghaleb Himmat und dem Ägypter Yussef Nada, die später von Washington angeklagt werden, Osama Bin Laden zu finanzieren.


Als die Vereinigten Staaten den "Krieg ohne Ende" im "Erweiterten Nahen Osten" begannen, ermutigt die CIA das wiedervereinigte Deutschland einen "Dialog mit der muslimischen Welt" aufzunehmen. In Berlin stützt sich das Außen-Ministerium dafür vor allem auf den neuen lokalen Führer der Bruderschaft, Ibrahim el-Zayat, und auf einen Experten, Volker Perthes. Letzterer wird Direktor der wichtigsten Denkfabrik des Bundes, die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Im Jahr 2005 nimmt Deutschland an der Ermordung von Rafik Hariri teil, indem es die zur Ermordung benutzte Waffe bereitgestellt hat (es handelt sich offensichtlich nicht um einen konventionellen Sprengstoff, im Widerspruch mit der Propaganda des "Sondergerichtes") [4]. Anschließend stellt Deutschland den Leiter der Mission der Vereinten Nationen zur Verfügung, den ehemaligen Staatsanwalt Detlev Mehlis [5], und seinen Stellvertreter, den ehemaligen Polizeikommissar, Gerhard Lehmann, der in die Affäre der geheimen Gefängnisse der CIA verwickelt war.
Im Jahr 2008, während die CIA den syrischen "Bürgerkrieg" vorbereitet, wird Volker Perthes von der NATO auf das jährliche Treffen der Bilderberg-Gruppe eingeladen. Er ist dort mit einer syrischen Beamtin der CIA, Bassma Kodmani, präsent. Sie erklären beide den Teilnehmern, wie groß das Interesse für den Westen sei, die Syrische Arabische Republik zu stürzen und die Muslim-Bruderschaft an die Macht zu hieven. Er eignet sich die Doppelzüngigkeit der Bruderschaft an und schreibt im Jahr 2011 einen Artikel in der New York Times, in dem er Präsident Assad, der glaubt, eine "Verschwörung" gegen sein Land erkannt zu haben, lächerlich macht [6]. Im Oktober desselben Jahres besucht er ein Treffen des türkischen Arbeitgeberverbandes, das von dem privaten US-Geheimdienst Stratfor organisiert wurde. Er präsentiert seinen Gesprächspartnern die Öl- und Gas-Ressourcen, die sie in Syrien werden stehlen können [7].




Für die Erweiterung dieser Arbeit organisierte Deutschland ein Treffen der Freunde von Syrien unter dem Vorsitz eines Diplomaten, Clemens von Goetze, in Abu Dhabi. Dieser verteilte unter den Anwesenden die zukünftigen operativen Konzessionen, die den Gewinnern zugewiesen werden würden, sobald die NATO die Arabische Republik Syrien gestürzt haben würde [8].
Mitte 2012 wird Volker Perthes durch das US Verteidigungsministerium beauftragt, "den Tag danach" vorzubereiten (d. h. die Regierung, die Syrien aufgezwungen werden wird). Er organisiert mehrere Treffen im Departement für auswärtige Angelegenheiten, mit der Teilnahme von 45 syrischen Persönlichkeiten, darunter seine Freundin Bassma Kodmani und der Bruder Radwan Ziadeh, der eigens aus Washington gekommen war [9]. Schließlich wird Perthes Berater von Jeffrey Feltman bei den Vereinten Nationen. Er beteiligt sich als solcher an allen Verhandlungen in Genf.
Die Positionen des Außen-Ministeriums werden Wort für Wort von dem europäischen Dienst (EAD) durch Federica Mogherini wiederholt. Diese unter der Leitung eines französischen Beamten stehende Verwaltung, bereitet für die Staats- und Regierungschefs der Union vertrauliche Notizen über Syrien vor.
Im Jahr 2015 werden Bundeskanzlerin Angela Merkel und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, globaler Beschützer der Muslim-Bruderschaft, die Übersiedlung von mehr als einer Million Menschen nach Deutschland [10] organisieren, entsprechend der Nachfrage der deutschen industriellen Arbeitgeber. Viele dieser Migranten sind Syrer, die die AKP nicht mehr bei sich haben will und deren Rückkehr in ihr Land Deutschland vermeiden will.
Bundeskanzlerin Angela Merkel wird diese Woche in Beirut und Amman sein, um über Syrien zu sprechen.


[1] Die CIA von Alan Dulles platzierte ehemalige NS-Beamte als Betreuer der Geheimdienste der alliierten Staaten auf allen fünf Kontinenten. Dieses System wurde in den 1970er Jahren, nach den Enthüllungen der Kommissionen des Kongresses Church und Pike demontiert. Alle Nazi-Führer wurden von Präsident Carter und Admiral Stanfield Turner Ende der 1970er Jahre entlassen. Die Europäer glauben fälschlicherweise, dass die CIA ausschließlich in Lateinamerika (z.B. Klaus Barbie in Bolivien) auf Nazis zurückgegriffen habe. Aber dieses System war weit verbreitet, auch in Europa (Operation Gladio). Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde die Platzierung dieser Nazi-"Experten" von Deutschland aus durch Reinhard Gehlen koordiniert, den die CIA zum ersten Leiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) ernannt hatte.
[2] A Mosque in Munich, Ian Johnson, Houghton Mifflin Harcourt, 2011. Deutsch : Die vierte Moschee: Nazis, CIA und der islamische Fundamentalismus, Klett-Cotta, 2011.
[3] Alois Brunner gilt als verantwortlich für die Deportation und Ermordung von 130.000 Menschen, in Österreich, Griechenland, Frankreich, Deutschland und in der Slowakei. Er ist in Frankreich im Jahr 2001, in Abwesenheit, zu lebenslanger Haft für seine Verantwortung für den Tod der Kinder von Izieu verurteilt worden.
[4] „Enthüllungen über den Mord von Rafiq Hariri“, von Thierry Meyssan, Übersetzung Horst Frohlich, Оdnako (Russland) , Voltaire Netzwerk, 23. Januar 2014.
[5] « La commission Mehlis discréditée », par Talaat Ramih, Réseau Voltaire, 9 décembre 2005.
[6] “Is Assad Capable of Reform ?”, Volker Perthes, The New York Times, March 30, 2011.
[7] « Küresel Enerji Stratejileri Simülasyonu : Türkiye’nin Gelecek 10 Yılı », Tusaid, 6 Ekim 2011.
[8] „Die "Freunde von Syrien" teilen sich die syrische Wirtschaft bevor sie sie erobert haben“, von German Foreign Policy, Voltaire Netzwerk, 14. Juni 2012.
[9] The Day After Project, August 2012. The Day After. Supporting a Democratic Transition in Syria, United States Institute of Peace & Stiftung Wissenschaft und Politik, August 2012.
[10] Die Türkei trat die Nachfolge von Saudi Arabien an, nachdem diese die Bruderschaft fallen gelassen hatte, als Folge auf die Rede von Donald Trump in Riyad, am 21. Mai 2017.

http://www.voltairenet.org/article201594.html

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