Sonntag, 8. Mai 2016

USA Wahlkampf.Thierry Meyssan zeigt, was hier vorgeht, und wovon derzeit niemand öffentlich spricht.


Mattis gegen Trump

Während die Medien die US-Vorwahlen wie einen Wettkampf einerseits zwischen Trump und Cruz und andererseits zwischen Clinton und Sanders behandeln, wird ein wahres Räderwerk in Gang gebracht, um den Immobilien-Promoter, der die Interessen der herrschenden WASP-Klasse bedroht, außer Gefecht zu setzen. Thierry Meyssan zeigt, was hier vorgeht, und wovon derzeit niemand öffentlich spricht. Dieser Artikel richtet sich an eine anspruchsvolle Leserschaft.

Die US-Vorwahlen, die die Vorbereitung zu einer Konfrontation zwischen Republikanern und Demokraten werden sollten, sind allmählich ein Kampf für die Kontrolle der Republikanischen Partei geworden.
Während bei den Demokraten das Duell zwischen Hillary Clinton und Bernie Sanders sich auf das der Erfahrung im Dienst der Reichen gegen den Idealismus im Dienst der größten Masse zusammenfassen lässt, konzentrierte sich alle Aufmerksamkeit auf den Kampf zwischen den Republikanern Donald Trump und Ted Cruz.
Cruz ist ein reines Produkt einer privaten militärischen psy-op-Agentur ["psychologische Operationen"]. In Außenpolitik wird er von einem Team von hysterisch antisowjetischen Leuten beraten, die während des Kalten Krieges von Senator Henry Scoop Jackson ausgebildet wurden. Er nahm gegen jegliche Form von rechtlicher Einschränkung der US-Macht Stellung, also gegen den Grundsatz selbst des Völkerrechts.
Bis letzte Woche wusste man nichts von der Haltung von Donald Trump. Man hatte ihn höchstens widersprüchliche Aussagen zur israelischen Frage machen hören. Er hat die pro-israelischen Vorurteile der einander folgenden Verwaltungen heftigst verurteilt, erklärte sich neutral gegenüber dem israelisch-palästinensischen Konflikt, und gab dann vor der AIPAC ein ultra-zionistisches Glaubensbekenntnis ab.
Letztlich wurde Trump vergangene Woche von The National Interest eingeladen, seine erste außenpolitische Rede zu halten. Diese Zeitschrift entwickelte sich aus dem Nixon-Center, das die Überlebenden des Henry Kissinger-Teams vereint. Zur allgemeinen Überraschung - aber wahrscheinlich nicht für die Organisatoren - hat «der» Donald nicht Positionen zu verschiedenen Themen besprochen, die bestimmte Lobbys hören wollten, sondern hat eine wirkliche Analyse der US-Politik unternommen und beschreibt ihre komplette Überholung.
Ihm zufolge wäre es ein grundlegender Irrtum zu versuchen, das westliche demokratische Modell Völkern aufzuzwingen, die daran kein Interesse hatten. Er widmete sich daher einer Kritik der seit dem Staatsstreich von 11. September 2001 in Kraft befindlichen neokonservativen Ideologie. Daher kann man besser verstehen, warum die Szene von Henry Kissingers Freunden, den Unterstützern des politischen "Realismus" (Realpolitik) und Sündenböcken der Neokonservativen organisiert worden war.
Nachdem er die gigantischen menschlichen und wirtschaftlichen Schäden für die betroffenen Länder sowie für die Vereinigten Staaten angeprangert hatte, legte er einen indirekten Angriff auf den "militärisch-industriellen Komplex" los, indem er das vorhandene Unmaß an Waffen in der Welt generell verurteilte. Niemand hat es missverstanden: zum ersten Mal seit dem Attentat auf John Kennedy denunzierte ein Präsidentschaftskandidat die Allmacht der Waffen-Hersteller, die fast die ganze US-Industrie absorbiert haben.
Es mag überraschend klingen, den Stier so einfach vor den Freunden von Henry Kissinger bei den Hörnern zu packen, welcher mehr als andere zur Entwicklung dieses Komplexes beigetragen hat. Die jüngste Geschichte der Vereinigten Staaten erklärt jedoch diese Wende. All jene, die den militärisch-industriellen Komplex bekämpft haben, wurden behindert oder eliminiert: John Kennedy wurde ermordet, als er gegen den Krieg gegen Kuba war. Richard Nixon wurde durch die Watergate-Affäre beseitigt, als er Frieden mit Vietnam schließt und die Entspannung mit China einleitet. Bill Clinton wurde durch die Lewinsky-Affäre gelähmt, als er versuchte, gegen die Wiederbewaffnung und gegen den Kosovo-Krieg Stellung zu nehmen.
Mit einem gewissen Sinn der Provokation hat Donald Trump seine neue vorgeschlagene Außenpolitik unter das Motto "America First" gestellt, mit einem Verweis auf den gleichnamigen Verein vor dem zweiten Weltkrieg. Diese Gruppe ist im Gedächtnis der Amerikaner eine Nazi-Lobby geblieben, die versuchte, das "Land der Freiheit" daran zu hindern, die von den Tätern des Völkermords an den Juden angegriffenen Briten zu retten. In Wirklichkeit war die "America First" Gruppe, die tatsächlich von der extremen US-Rechten von ihrer Mission abgewendet wurde, ursprünglich ein von Quäkern gegründeter riesiger Verband, der den Krieg als eine Konfrontation zwischen den imperialistischen Mächten anprangerte und sich weigerte daran teilzunehmen.
Es ist eine lügenhafte Art, wie die Gegner Donald Trump darstellen. Er ist absolut kein Isolationist wie Ron Paul, sondern wirklich ein Realist.
Donald Trump war bisher kein Politiker, sondern ein Immobilien-Promoter, ein Geschäftsmann und ein TV-Moderator. Diese Abwesenheit einer politischen Vergangenheit ermöglicht ihm, die Zukunft in einer völlig neuen Art ins Auge zu fassen, ohne an eine vorherige Zusage gebunden zu sein. Er ist ein Dealmaker, wie Europa mit Bernard Tapie in Frankreich und mit Silvio Berlusconi in Italien gekannt hat. Zwei nicht makellose Männer, die aber die Machtausübung in ihren eigenen Ländern erneuert haben, indem sie die herrschenden Klassen beiseite stießen.
Um Donald Trump Einhalt zu gebieten organisierte die Republikanische Partei ein Bündnis zwischen Ted Cruz und dem letzten anderen Kandidaten, dem ehemaligen Fernsehmoderator John Kasich. Beide verzichten einvernehmlich auf die Präsidentschaft und verbündeten sich, um Trump um die absolute Mehrheit der Abgeordneten des Konvents zu bringen. Auf diese Weise kann die Partei einen neuen Kandidaten vorschlagen, der der Öffentlichkeit bislang unbekannt ist.
Bereits werden vertrauliche Meinungsumfragen durchgeführt, Gelder gesammelt, ein Wahlkampfteam um General James Mattis gebildet, obwohl dieser mit der Hand auf dem Herz schwört, keine politische Karriere machen zu wollen. Es ist jedoch klar, der ehemalige Chef des CentCom würde sich gern als der neue Eisenhower sehen. 1952 hatte der Gewinner des zweiten Weltkriegs tatsächlich nicht an den Vorwahlen teilgenommen, weil er noch Kommandeur der Streitkräfte in Europa war. Er schlüpfte fast am Ende in den Wettbewerb und wurde massiv vom Konvent der Republikanischen Partei berufen, um ihn zu vertreten.
General Mattis wird für einen Intellektuellen gehalten. Er hat eine große und berühmte Privatbibliothek über Militärstrategie gesammelt, aber scheint sich für die Geschichte nur unter diesem Blickwinkel interessiert zu haben. Jetzt ist er Forscher am Hoover Institut (Stanford University), er kam nach Washington um Konsultationen durchzuführen und hielt einen Vortrag bei der CSIS. Diese der Ölindustrie traditionell nahestehende Denkfabrik, wird jetzt hauptsächlich von Saudi-Arabien finanziert.
Nachdem er dem Nahen Osten eine ’schreckliche‘ Zukunft vorausgesagt hatte, hat der Mönch-Soldat (sein Spitzname bei seinen Untergebenen) die Gefahr der iranischen Revolution verurteilt und zum Krieg gegen sie aufgerufen. Damit nahm er das Programm auf sein Konto, das Bush und Dick Cheney gezwungen waren aufzugeben, angesichts des Aufstandes ihrer anderen Generäle.
Die sich konkret abzeichnende Konfrontation findet statt zwischen, einerseits den Befürwortern der Realpolitik von Henry Kissinger, den Prinzipien des Friedens von Westfalen treu, d.h. einer internationalen Ordnung, die auf der Grundlage von Nationalstaaten beruht, und andererseits den Anhängern der globalen neo-konservativen Demokratie, d.h. die Zerstörung der nationalen Identitäten und der Einführung eines universellen Regimes der Staatsführung. Mit einem Wort, es ist die Sicht von Richard Nixon gegen die der Putschisten des 11. September.
Kurz und gut:
- Donald Trump, Kandidat für die US-Präsidentschaft, möchte die Macht des militärisch-industriellen Komplexes einschränken. Er übernimmt die Fackel von John Kennedy (ermordet), von Richard Nixon (Watergate) und von Bill Clinton (Lewinsky).
- Laut Trump ist der Versuch für die Vereinigten Staaten und für fremde Völker schädlich, das westliche demokratische Modell mit Gewalt aufzuzwingen, das nicht ihren Erwartungen entspricht.
- Der militärisch-industrielle Komplex bereitet die Kandidatur von General James Mattis und einen Krieg gegen die iranische Revolution vor.
Thierry Meyssan
Übersetzung
Horst Frohlich

http://www.voltairenet.org/article191590.html

English  Version:
 
Mattis versus Trump  by Thierry Meyssan

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