Sonntag, 10. Juli 2011

„Das jüdische und das russische nationale Bewusstsein vor dem Ersten Weltkrieg“. Parallelen zur heutigen Situation in Europa ?





„Das jüdische und das russische nationale Bewusstsein vor dem Ersten Weltkrieg“
Kapitel 11, Seite 444 bis 466 aus „Zweihundert Jahre Zusammen „ „Die russisch-jüdische Geschichte 1795-1916 „ von Alexander Solschenizyn.


"Im nun für ein Jahrzehnt vor dem Untergang bewahrten Russland nutzten die besten Köpf unter den Russen und den Juden die Gelegenheit, Rückschau zu halten und aus verschiedenen Blickwinkeln das Wesentliche unseres gemeinsamen Lebens zu begreifen und ernsthaft über die Frage der Kultur und des Schicksals der Völker nachzudenken.
„Das jüdische Volk bewegte sich durch die wechselhaften Zeitläufe mit dem Kometenschweif der 3000-jährigen Diaspora, ohne je das beständige Empfinden zu verlieren, eine „Nation ohne Sprache und Territorium, aber mit ihren eigenen Gesetzen“ (Salomon Lurje) zu sein, die kraft ihres religiösen und nationalen Stehvermögens ihre eigene Art und Besonderheit bewahrt hat- im Namen einer höheren, über der Geschichte stehenden Idee. Haben sich die Juden des 19.und 20.Jahrhunderts denn um Gemeinsamkeit und Verschmelzung mit den sie umgebenden Völkern bemüht? Gerade die in Russland lebenden Juden verharrten länger und später als die Juden anderswo in einer auf das religiöse Leben und Bewusstsein fixierten Zelle der Selbstisolation, und ab dem Ende des 19. Jahrhunderts war es gerade das russische Judentum, das erstarkte, wuchs und erblühte, und so „trägt die ganze jüdische Geschichte der Neuzeit das Vorzeichen des russischen Judentum“ welches „ein feines Gespür für den Gang der Geschichte „ (1) aufwies.

Die russischen Denker hingegen nahmen sich der Isolation der Juden an. Für sie stellte sich im 19. Jahrhundert die Frage: Wie kann diese Isolation überwunden werden? Wladimir Solowjow, der große Sympathie für die Juden hegte, schlug vor, dies auf dem Wege der Liebe der Russen zu den Juden zu erzielen.

Vordem hatte Dostojewskij auf die unverhältnismäßige Erbitterung hingewiesen, die seine wohl kränkenden, wenn auch sporadischen Äußerungen über das jüdische Volk hervorgerufen hatten. „Diese Erbitterung gibt beredtes Zeugnis davon, wie die Juden selbst die Russen sehen.......dass an den Ursachen für unsere Entzweitheit mit den Juden vielleicht gar nicht allein das russische Volk schuld ist und dass sich diese Ursachen vielmehr auf beiden Seiten angesammelt haben und noch nicht gewiss ist, auf welcher Seite in höherem Maße“ (2)

Ebenfalls vom Ende des 19.Jahrhundert sind uns diese Betrachtungen von Ja. Tejtel überliefert:“Die Juden sind mehrheitlich Materialisten. Das Streben nach dem Erwerb materieller Güter ist bei ihnen stark ausgeprägt. Doch welche Geringschätzung für diese Güter , sobald es um ihr inneres >Ich< , die nationale Ehre geht! Man fragt sich, warum die vielen jüdischen jungen Menschen, die keinerlei religiöse Riten einhalten, die oft nicht einmal die Sprache ihres Volkes beherrschen, warum all diese Menschen, sei es auch nur zum äußeren Scheine, nicht die Orthodoxie angenommen haben, die ihnen die Türen aller Hochschulen weit aufgetan hätte und ihnen alle irdischen Güter verhieß?“ Und sei es auch allein der Bildung wegen? Denn die „Wissenschaft, die höhere Bildung galt bei ihnen mehr denn pekuniärer Reichtum“. Dennoch hielten sie daran fest, ihrem bedrängten Volk nicht abtrünnig zu werden. (Er schreibt ferner, dass Europa für die Ausbildung der russischen Juden auch kein günstiger Ausweg war:“Die jüdische studierende Jugend fühlte sich im Westen miserabel....Die deutschen Juden sahen sie als unerwünschtes Element an, als unzuverlässig, lärmend und schlampig“; und den deutschen Juden“standen die französischen und die Schweizer Juden in nichts nach“. (3)

D. Pasmanik erwähnte eine Gruppe unter Zwang getaufter Juden, die daher nur desto bitterer die Kränkung durch die Obrigkeit und diese als Gegner empfanden. (ab 1905 war der Übertritt erleichtert; er musste nicht notwendigerweise zur russischen Orthodoxie, sondern nur überhaupt zum Christentum erfolgen, und der Protestantismus war für viele Juden vom Geist her annehmbarer. Ebenfalls 1905 wurde das Verbot der Rückkehr zum mosaischen Glauben aufgehoben. (4)

Ein anderer Autor stellte 1924 mit Bitterkeit fest, dass in der vorrevolutionären Jahrzehnten nicht nur die „russische Regierung....das jüdische Volk endgültig zu den Feinden des Vaterlandes rechnete“, sondern, „viel schlimmer als dies, dass viele jüdische Politiker sich selbst zu diesen Feinden zählten, ihre Herzen verhärteten und aufhörten, zwischen >der Regierung< und dem Vaterland, Russland, zu unterscheiden.... Die Gleichgültigkeit der jüdischen Massen und ihrer Führer gegenüber dem Schicksal Großrusslands war ein verhängnisvoller politischen Fehler“.(5)

Wie jeder andere soziale Prozess ging selbstverständlich auch dieser - zumal in einer so vielschichtigen und dynamischen Sphäre wir der jüdischen – nicht geradlinig vonstatten, sondern verzweigte sich den in Herzen vieler gebildeter Juden und spaltete sich.

Auf der einen Seite „verleiht die Zugehörigkeit zur jüdischen Volksgruppe dem Menschen eine spezifische Position in der gesamtrussischen Umgebung“ (6) Aber zugleich bestand auch „ein bemerkenswerter Zwiespalt: die hergebrachte emotionale Verbundenheit sehr vieler (Juden) zu der die umgebenden russischen (Welt), ihre Verwachsenheit in ihr, und zugleich eine rationale Verneinung und Ablehnung dieser Welt auf der ganzen Linie. Eine Art Verliebtsein in diese verhasste Umgebung“ (7)

Solch ein quälender Zwiespalt der Herangehensweise konnte nur zu einer quälenden Zwiespältigkeit im Resultat führen. Als I.W. Gessen in der zweiten Staatsduma im März 1907 der Auffassung entgegnete, die Revolution sei noch in ihrer blutigen Hochphase, womit er den Rechten die Rolle als Verteidiger der Kultur vor der Anarchie Absprach, und ausrief: „Wir, die Lehrer, Ärzte, Advokaten, Statitstiker und Literaten..... sind wir die Feinde der Kultur? Wer soll Ihnen das glauben, meine Herren?“ , da tönte es von rechts:“ Der russischen Kultur, nicht der jüdischen!“(8)

Nicht Feinde, nein, wozu dieses Extrem, aber, so insuierte die russische Seite, etwa unzertrennliche Freunde? Eine Erschwernis der Annäherung war auch, dass dies brillanten Advokaten, Professoren und Ärzte doch wohl nichts anderes als vorrangig tiefgründige jüdische Sympathien haben konnten. Konnten sie sich zur Gänze, restlos im Geiste als Russen fühlen?
Daraus ergab sich die noch kompliziertere Frage: Konnten für sie die staatlichen Interessen Russlands in ihrem ganzen Umfang und Tiefgang zur Herzenssache werden?

Währen derselben Jahrzehnte ging die jüdische Mittelklasse entschieden dazu über, ihre Kinder säkular zu erziehen, und zwar in russischer Sprache. Gleichzeit entfaltete sich eine gedruckte Schriftkultur in jiddischer Sprache, die es zuvor nicht gegeben hatte, und der Begriff des „jiddischismus“ verbreitete sich: Juden wollen Juden bleiben und sich nicht assimilieren.

Es gab noch eine besondere, keineswegs massenhafte, doch nicht zu vernachlässigende Form der Assimilation: die Mischehen. Und dann noch eine Art oberflächlicher Strömung des Assimilantentums durch Annahme künstlicher Pseudonyme mit russischem Klang. (Wer war das meistens? Die Kiewer Zuckerfabrikanten „Dobryj“ und „Babuschkin“, die im Krieg wegen Geschäften mit dem Feind vor Gericht standen, der Verleger „Jasnyj“,* von dem sogar die Kadettenzeitung „Retsch“ (Die Rede) als einen „gierigen Spekulanten“ und einem „skrupellosen Profithai“ (9)schrieb. Oder der spätere Bolschewik D. Goldendach, der „ganz Russland unursprünglich fand“, sich aber einen rotbloden „Rjasanow“ zulegte und so, als impertinenter marxistischer Theoretiker, den Lesern bis zu einer Inhaftierung 1937 Flausen in den Kopf setzte)


*“Dobryj“: wörtlich „der Gute“; „Babuschkin“: von „babuschka“, „Großmutter“; „Jasnyj“:“der Helle, Klare“

In eben diesen Jahrzehnten, und gerade in Russland am nachhaltigsten, entfaltete sich der Zionismus. Die Zionisten attackierten die Assimilanten auf das Härteste, die sich einbildeten, die Geschicke des russischen Judentums seien untrennbar mit denen Russlands verknüpft.

Hier müssen wir uns vor allem dem markanten, höchst schillernden Publizisten W. Jabotinsky zuwenden, der es in den Jahren vor der Revolution übernahm, nicht nur Worte der Ablehnung Russlands auszusprechen, sondern auch Worte der Hoffnungslosigkeit. Nach Jabotinskys Verständnis war Russland für die Juden nicht mehr als ein Rastplatz auf ihrem historischen Weg, auf dem es weiterzuziehen galt bis nach Palästina.

Leidenschaftlich schrieb er: Wir haben mit dem russischen Volk ja keinen Kontakt, sondern lernen es durch seine Kultur kennen, „vornehmlich durch seine Schriftsteller, der höchsten und reinsten Manifestation des russischen Geistes“, und übertragen diese Einschätzung auf die ganze russische Welt. „Viele von uns Kindern der jüdischen Intelligenzija sind unsterblich und auf das Demütigendste in die russische Kultur verliebt...., wie ein Schweinehirt in die Königstochter“.
Das Judentum hingegen lernen wir im Alltag, im Spießertum kennen. (10)

Mit den Assimilanten kannte er kein Erbarmen:“ Eine Unmenge an knechtischen Gewohnheiten, die sich in unserer Psychologie im Zuge der Verrussung unserer Intelligenzija gebildet haben“; „verloren gegangen ist ihnen die Hoffnung oder der Wunsch, das Judentum unangetastet zu belassen, und so führen sie es seinem Verschwinden von der Spielfläche der Geschichte entgegen“.
Der durchschnittliche jüdische Intellektuelle vergisst sich selbst, hält es für besser, das Wort „Jude“ gar nicht auszusprechen, es sei „nicht die Zeit dafür“; man fürchtet sich davor, „wir Juden“ zu schreiben, schreibt jedoch „wir Russen“ und sogar: „unser russischer Bruder“. „ Der Jude kann ein erstklassiger Bürger Russlands sein, als Russe ist er jedoch nur zweitklassig.“ „Von dem Augenblick an, da der Jude sich als Russe bezeichnet, wird er zu einem Bürger zweiter Klasse“, wobei ihm sein „besonderer Akzent“ der Seele“ erhalten bleibe. Es grassiert eine Taufepedemie zur Erlangung von Vorteilen, die manchmal geringer seien als ein Diplom. „ Für 30 Silberlinge Gleichberechtigung.“
Wenn ihr unserem Glauben den Rücken kehrt, so bleibt doch auch nicht in unserer Nation. (11)

Die Lage der Juden in Russland – nicht irgendwann, sondern gerade nach den Jahren 1905/1906 – sieht Jabotinsky ausweglos düster: „Die objektive Kraft der Dinge, deren Name „Die Fremde“ lautet, wendet sich nun gegen unser Volk, und wir sind kraft- und hilflos.“ „Wir wussten schon früher, dass wir von Feinden umgeben sind“; „dieses Gefängnis“ (Russland), „diese kläffende Hundemeute“; „der hingestreckte und verwundete Körper des gejagten, von allen Seiten von Feinden umgebenen und wehrlosen russischen Judentums“; „im Innern der Grube wuseln......sechs Millionen (Menschen)......in dieser Epoche der langsamen Marter, des dauernden Progroms“; und offenbar treten schon nicht einmal mehr die „von jüdischem Geld gehaltenen Zeitungen“ für die Juden ein, „in dieser Epoche nie dagewesener Hetze“. Ende 1911: „Nun sind es schon einige Jahre, dass die Juden in Russland auf der Anklagebank sitzen“, obwohl wir weder Revolutionäre sind, noch „Russland an die Japaner verkauft haben“, noch Menschen wie Asef und Bogrow sind.
Apropos Bogrow: „ Diesen unglücklichen Jüngling – was immer er sonst gewesen sein mag – schändeten in der Stunde seines wundersamen (!) Endes.....jene zehn vom Abschaum aus der Jauchegrube der Kiewer Schwarzen Hundertschaften“, als sie sich von der erfolgten Hinrichtung des Mörders überzeugen wollten. (12)

Immer wieder mit Blick auf die Juden selbst: „Wir sind jetzt kulturell verarmt, unsere Hütte ist freudlos, in unserer Gasse ist es beklemmend“.
„Unsere Hauptkrankheit ist die Selbstverachtung, was wir am meisten entbehren ist die Selbstachtung...Die Wissenschaft über das Judentum muss für uns der Mittelpunkt aller Wissenschaft werden... Die jüdische Kultur ist für uns zur Bastion unserer einzig möglichen Erlösung geworden.“ (13)
All dies kann man sehr gut begreifen und auch teilen. (Besonders wir Russen können dies, vor allem heute, am Ende des 20. Jahrhunderts.)

Für die Vergangenheit verurteilt er die Assimilation nicht: In der Geschichte „gibt es Augenblicke, in denen die Assimilation als unbedingt wünschenswert erscheint, in denen sie eine unumgängliche Etappe auf dem Weg des Fortschritts ist“. Ein solcher Augenblick trat nach den 1860-er Jahren ein, als die jüdische Intelligenzija noch in den Kinderschuhen steckte und die reife Kultur ihrer Umgebung übernahm. Damals stellte die Assimilation „nicht eine Lossagung vom jüdischen Volke dar, sondern im Gegenteil einen ersten Schritt zu einer jüdischen nationalen Selbstverwirklichung, eine erste Stufe der Erneuerung und der Wiedergeburt der Nation“. Es musste „das Fremde verinnerlicht werden, damit sich daraufhin mit neuer Kraft etwas Eigenes entfalten konnte“. Doch es verging ein halbes Jahrhundert, vieles veränderte sich, sowohl ausserhalb als auch innerhalb des Judentums. Der Durst nach allgemeiner Bildung verstärkte sich ohnedies, der Drang zu ihr war sogar beispiellos. Nun war die Zeit, in den jungen Generationen einen jüdischen Anfang zu machen. Nun war die Zeit, da die spurlose Auflösung im Fremden drohte: „Mit jedem Tag gehen Söhne von uns“ und „werden uns fremd“; unsere „aufgeklärten Kinder dienen den allen Völkern dieser Erde, nur nicht uns, es gibt keine Arbeiter für irgendeine jüdische Sache“. „Die Welt um uns ist zu herrlich, frei und reich – wir lassen uns von ihr nicht unsere ganze jüdische Jugend abspenstig machen wegen der „Unansehnlichkeit....des jüdischen Daseins...Die Vertiefung in die nationalen Werte des Judentums muss zu einem Hauptbestandteil....der jüdischen Erziehung werden.“
„Nur solidarisches Eintreten kann eine Nation zusammenhalten“ (hätten wir doch ein solches Bewusstsein! -A.S.) doch wird der Kampf um die Rechte der Juden durch das Renegatentum gestört: Da meint man einen Ausweg zu sehen, und „so gehen sie fort...neuerdings...in dichtgefügten Reihen, mit solche zynischer Leichtigkeit“. (14)

Dann eindringlich: „Der königliche Geist (Israel) in seiner ganzen Gewaltigkeit, seine tragische Geschichte in all ihrer grandiosen Pracht.“ „Wer sind wir denn, dass wir uns vor ihnen rechtfertigen sollen? Und wer sind sie denn, dass sie uns verhören?“ (15)

Auch diese letzte Formulierung ist voll und ganz zu respektieren. Allerdings unter Anwendung auf beide Seiten. Es steht im Übrigen keiner einzigen Nation oder Glaubensgemeinschaft zu, über eine andere zu urteilen.

Die Aufrufe zu einer Rückkehr an die jüdischen Wurzeln verhallten in denen Jahren durchaus nicht ungehört. Im vorrevolutionären Petersburg „war in den Kreisen der russisch-jüdischen Intelligenzija ein starker Anstieg des Interesses an der jüdischen Geschichte zu beobachten“. (16)

1908 erweiterte sich die auch zuvor schon bestehende Jüdische Historisch-Ethnografische Kommission und bildete sich in die Jüdische Historisch-Ethnografische Gesellschaft (17) um unter dem Vorsitz M. Winawers. Sie unternahm es tatkräftig und erfolgreich, ein Archiv über die Geschichte und die Ethnografie der Juden in Russland und Polen zusammenzutragen; nichts Vergleichbares hat die jüdische Geschichtswissenschaft im Westen je geschaffen. Unter der Redaktion S. Dubnows erschien fortan eine Zeitschrift „Jüdisches Altertum“ .(18)

Gleichzeitig wurde mit der Herausgabe der 16-bändigen „Jüdischen Enzyklopädie“ begonnen (von der wir für diese Arbeit ausgiebig Gebrauch machen) und die 15-bändige „Geschichte des Jüdischen Volkes. Freilich beklagt die Enzyklopädie in ihrem letzten Band: „Die forschrittlichen Kreise der jüdischen Intelligenzija....haben sich gegenüber den kulturellen Aufgaben der Enzyklopädie indifferent verhalten“, währen sie sich für den Kampf um die äusserliche jüdische Gleichberechtigung begeisterten. (19)

In anderen jüdischen Köpfen und Herzen verfestigte sich im Gegenteil die Überzeugung, dass die Zukunft des russischen Judentums mit der Zukunft Russlands untrennbar verknüpft sei. Wenngleich „verstreut über eine unüberschaubare Fläche und in der fremden Umwelt vereinzelt.... waren und empfanden sich die russischen Juden als ein Ganzes. Denn einheitlich war die Umgebung, die uns umgebende ....einheitliche Kultur... Diese einheitliche Kultur nahmen wir in uns auf in der ganzen Ausdehnung des Landes.“ (20)

„Die russischen Juden verstanden es zu allen Zeiten, Ihre Interessen mit den Interessen des ganzen russischen Volkes zu verknüpfen, und das nicht aus Edelmut und nicht aus einem Gefühl der Erkenntlichkeit heraus, sondern entsprechend einer Wahrnehmung der historischen Realitäten.“

Wie in direktem Widerspruch zu Jabotinsky heißt es weiter: „Russland ist für die Millionen dort lebender Juden kein zufälliger Haltepunkt auf der historischen Wanderung des Ewigen Juden... Die russischen Wege des Weltjudentums waren die historisch bedeutsamsten und werden es bleiben. Von Russland können wir nicht lassen, so wenig wie Russland selbst von uns lassen kann.“ (21)

Dies war eine so fest Bindung, dass sich die Abgeordneten der zweiten und dritten Staatsduma O.Ja. Pergament sogar noch kategorischer ausdrückte: „Keinerlei Verbesserung des (eigentlichen) russischen Lebens im Innern >ist möglich ohne die gleichzeitige Befreiung der Juden von der auf ihnen lastenden Rechtlosigkeit<.“ (22)

Auch hier kommt man nicht an der überaus bedeutsamen Figur des Juristen G.B. Sliosberg vorbei, eines jener Juden, die unmittelbar mit dem russischen Staatsapparat zu tun hatten, der jahrzehntelang erst Mitarbeiter des Senatsobersekretärs, dann Justiziar des Innenministeriums war und dem viele Juden vorwarfen, dass er die Gewohnheit hatte, bei den Machthabern um Rechte für die Juden zu bitten, als es schon Zeit war, sie zu fordern.

In seinen Erinnerungen schreibt er: „Seit meiner Kindheit war ich gewohnt, mich selbst vor allem als Juden wahrzunehmen. Doch bereits seit dem Einsetzen meines bewussten Lebens fühlte ich mich auch als Sohn Russlands...Ein guter Jude sein heißt nicht kein guter russischer Bürger zu sein.“ (23) „Bei unserer Arbeit waren wir nicht gezwungen, all jene Hindernisse zu überwinden, die vonseiten der Polen den polnischen Juden auf Schritt und Tritt in den Weg gestellt wurden... Wir stellten innerhalb des russischen Staatslebens als Juden der Nationalität nach kein fremdartiges Element dar, da in Russland viele Nationen zusammenlebten vereint im russischen Staatswesen, ohne dass es Versuche durch die herrschende Nation gegeben hätte, alle übrigen zu vereinnahmen...
Die kulturellen Interessen Russlands kollidierten in keiner Weise mit kulturellen Interessen der Juden. Die eine Kultur bereicherte gewissermaßen die andere.“ (24) Bis hin zu halb humoristischen Bemerkungen wie: Der Unklarheit und Widersprüchlichkeit der russischen Judengesetze wegen sei er in den 90er Jahren in die Lage geraten, „sich an die Erschaffung einer speziellen jüdischen Jurisprudenz zu machen, bei der reine Talmudmethoden zur Anwendung kamen“. (25)

Darüber hinaus sagte er:“ Die Lockerung der nationalen Unterdrückung, die in den letzten Jahren zu spüren ist, erregte nicht lange bevor Russland in die tragische Phase seiner Geschichte eintrat in den Seelen vieler russischer Juden Hoffnung darauf, dass allmählich das Bewusstsein des russischen Judentums den Weg der Anreicherung dieses Bewusstseins durch eine schaffenskräftige Versöhnung der jüdischen und russischen Aspekte zu einer Synthese als höhere Einheit gehen würde.“(26)

Soll etwa vergessen werden, dass von den sieben Autoren des unvergleichlichen Sammelbandes „Wechi“ *„Wegzeichen“) drei Juden waren, nämlich M.O. Gerschenson, A.S. Isgojew-Lande und S.L. Frank?

(„Wechi“ („Wegzeichen“), Autorenkreis eines Sammelbandes (1909) und einer Gruppe von Gleichgesinnten, die einen weltanschaulichen Übergang vom Marxismus zur Religionsphilosophie vollzogen hatten; hierzu gehörten die bedeutendsten zeitgenössischen Denker wie S. Bulgakow, N. Berdjajew, S. Frank, P. Struve u.a.)


Nicht anders auch umgekehrt: Die Juden erfuhren im Russland der vorrevolutionären Jahrzehnte eine gewaltige und einmütige Unterstützung durch die progressive Gesellschaft. Sie bildete sich als solche vielleicht vor dem Hintergrund der Unterdrückungen und Progrome, doch nichtsdestoweniger gilt, dass es in keinem anderen Land (vielleicht sogar in der ganzen vorausgegangenen Weltgeschichte ? ) jemals solch eine umfassende Unterstützung der Juden gegeben hat.

Unsere weitherzige, freiheitsliebende Intelligenzija grenzte aus Gesellschaft und Menschlichkeit nicht nur den Antisemitismus aus, sondern jeder, der nicht laut und deutlich und in vorderster Front den Kampf für die Gleichberechtigung der Juden unterstützte, galt damit schon als „infamer Antisemit“. Die mit einem wachsamen Gewissen ausgestattete und scharf empfindende russische Intelligenzija war bemüht, gerade das jüdische Verständnis der Prioritäten des ganzen politischen Lebens zu erfassen und zu verinnerlichen: Progressiv war, wer gegen Unterjochung der Juden protestierte und reaktionär alle anderen. Die russische Gesellschaft trat nicht nur gegenüber der Regierung standhaft für die Juden ein, sondern verbot sich selbst und jedem, auch nur den feinsten Hauch irgendeiner Kritik am Verhalten auch eines einzelnen Juden zu äußern: Was, wenn solch geartete Erregung in mir Antisemitismus gebiert? (Bei der Generation, die zu jener Zeit aufwuchs, hielt sich diese Einstellung über Jahrzehnte.)

W.A. Maklakow erzählt in seinen Erinnerungen über eine charakteristische Episode bei einer Landständeversammlung im Jahr 1905, nicht lange nach dem die Progromwelle gegen Juden und Intellektuelle über das Land gerollt war und zur Zeit, da die Gutsbesitzerprogrome an Intensität zunahmen: „Je.W. De Roberti schlug vor, die (von der Versammlung geforderte) Amnesie nicht auf Vergehen auszudehnen, die mit Gewalt gegen Kinder und Frauen im Zusamenhang stehen. „Sogleich entstand der Verdacht eines >Klassencharakters< dieser Korrektur, der Verdacht also, er sorge sich um die Opfer bei den Gutsbesitzerfamilien. „Je.W. De Roberti beeilte sich....zu beruhigen:“Ich dachte dabei durchaus nicht in Gutsbesitzerfamilien.... Wenn 5 oder 20 Gutshöfe abgebrannt sind, so hat das keinerlei Bedeutung. Ich meine die Unzahl der von den Schwarzen Hundertschaften gebrandschatzten und geplünderten jüdischen Höfe und Häuser.“ (27)

Im Terror der Jahre 1905 bis 1907 wurden Herzenstein (der sich ironisch über abgebrannte Gutshöfe geäußert hatte) und Iollos als Märtyrer angesehen, doch nicht einer von jenen Tausenden unschuldig getöteter Menschen.

Im satirischen Band »Der letzte russische Alleinherrscher«, den russische Liberale im Ausland veröffentlicht hatten, verstiegen sie sich zu einer Bildunterschrift unter das Porträt eines Generals, auf den der Terrorist Hirsch Leckert einen erfolglosen Mordanschlag verübt hatte: »Wegen ihm« (Hervorhebung von mir —A. S.) hat der Zar »den Juden Leckert ... hinrichten lassen« ..(28)

Nicht nur die oppositionellen Parteien, sondern auch das vielzählige mittlere Beamtentum fürchtete sich davor, »unprogressiv« zu erscheinen. Man musste materiell schon völlig unabhängig sein oder über eine außerordentliche geistige Freiheit verfügen, um gegen den Druck der allgemeinen Strömung seinen Mann zu stehen. In der Welt der Advokaten, Künstler und Wissenschaftler wurde über Abweichler unverzüglich ein Bann gesprochen.

Nur Lew Tolstoj konnte es sich dank seiner einzigartigen Stellung in der Gesellschaft erlauben zu sagen, dass bei ihm die jüdische Frage auf dem 81. Platz stehe.

Die »Jüdische Enzyklopädie« beklagt, dass die Pogrome des Oktobers 1905 »seitens der progressiven Intelligenzija keinen besonderen [d.h. nicht ausdrücklich auf die Juden bezogenen], sondern einen allgemeinen Protest gegen jede Form der >Konterrevolution< insgesamt hervorriefen«.(29)

Die russische Gesellschaft hätte aufgehört, sie selbst zu sein, wenn sie nicht jede Frage immer nur auf eines zugespitzt hätte: auf den Zarismus, auf den Zarismus, auf den Zarismus.

Deshalb auch dies: »Konkrete Hilfe wurde den jüdischen Opfern nach den Oktobertagen [den Pogromen von 1905] ausschließlich durch Juden aus Russland und anderen Ländern zuteil.« (30)

Und Berdjajew sagte: »Aber habt ihr denn ein Gefühl für ... die Seele des jüdischen Volkes?... Nein, ihr kämpft ... für einen abstrakten Menschen.« (31)

Auch Sliosberg bestätigt: »In den Augen jener Kreise, die Triebkräfte der politischen Entwicklung waren«, hatte die jüdische Frage »damals nicht die Bedeutung einer politischen Frage im weiten Sinne des Wortes. Die Gesellschaft hatte nur mit dem Gedanken an Äußerungen der Reaktion im Allgemeinen zu tun.« (32)

Um diese Lücke zu schließen, erstellte man 1915 ein besonderes publizistisches Sammelwerk mit dem Titel »Schtschit« (»Der Schild«], das sich als allseitiger Beschützer ausschließlich der Juden gab, ohne aber dass Juden als Autoren beteiligt gewesen wären — nur Russen und Ukrainer schrieben hier, wobei sich an die 40 der bekanntesten Namen jener Zeit zusammenfänden. (33)
Der ganze Band war einzig dem Thema »Juden in Russland« gewidmet, einhellig in der Bewertung und stellenweise übereifrig in der Darstellung.
Darin wurden unter anderem folgende Auffassungen geäußert:
Andrejew: Die Lösung der jüdischen Frage schien zum Greifen nah — das Gefühl »einer Freude, die einer Andacht nahe kam«, eine Befreiung »von einem Schmerz, der mich mein ganzes Leben lang begleitet hat« und einem »Buckel auf dem Rücken« glich, »ich atme giftige Luft«.

M. Gorkij: Den »großen Denkern Europas gelten die Juden als kulturell höher stehender psychischer Typ, als schöner als die Russen«. (Er äußert seine Befriedigung über das Anwachsen der Sekten der Sabbatarier und des »Neuen Israel« in Russland.)
P. Maljantowitsch: »Das Schrecknis der jüdischen Rechtlosigkeit in Russland belegt den Namen des russischen Volkes mit einem Schandfleck ... Die besten russischen Menschen empfinden [ihn] als Schmach, der sie ihr Leben lang nicht entgehen können ... Wir sind Barbaren neben den kultivierten Völkern der Menschheit..., des teuren Rechts beraubt, auf unser Volk stolz zu sein ... Der Kampf um die jüdische Gleichberechtigung ist für den russischen Menschen ... eine originär nationale Angelegenheit von erster Wichtigkeit ... Die jüdische Rechtlosigkeit verurteilt die russischen Menschen zur Kraftlosigkeit bei ihrem Bemühen, ihr eigenes Glück zu erlangen.« Wenn wir uns nicht um die Befreiung der Juden kümmern, »so werden wir auch unsere Angelegenheiten niemals ins Reine bringen«.
K. Arsenjew: Wenn alle Schranken für die Juden geöffnet werden, so wird »ein Anwachsen der geistigen Reichtümer Russlands« die Folge sein.
A. Kalmykowa: Auf der einen Seite steht unsere »enge geistige Verbindung mit dem Judentum im Bereich der höheren geistigen Werte«, auf der anderen Seite aber »nimmt man Verachtung und Gehässigkeit gegenüber den Juden hin«.
L. An-drejew: Wir Russen »sind selbst die Juden Europas, unsere Grenze bildet genauso einen Ansiedlungsrayon«.
D. Mereshkowskij: »Was wollen die Juden von uns? Sittliche Empörung?« »Diese Empörung ist so stark und- so elementar, dass ... man doch nur gemeinsam mit den Juden schreien kann. Darum schreien wir.«
Infolge irgendeines Missverständnisses kam Berdjajew nicht in dieses Sammelwerk. Er sagte von sich, dass er mit seiner Umgebung in früher Jugend gebrochen und es vorgezogen habe,
Beziehungen zu Juden zu unterhalten.

Den Antisemitismus charakterisierten alle Autoren des Bandes »Der Schild« als ein widerwärtiges Gefühl, als eine »besonders zähe und ansteckende Krankheit des Bewusstseins« (Akademiemitglied D. Owsjaniko- Kulikowskij). Allerdings wiesen einige Autoren auch gleich darauf hin, dass »die Mittel und Vorgehensweisen ... der [russischen] Antisemiten ausländischen Ursprungs« waren (P. Miljukow). »Die neueste antisemitische Ideologie ist ein Erzeugnis aus deutscher geistiger Produktion !.. Die >Ariertheorie< ... wurde von unserer nationalistischen Presse aufgegriffen ... Menschikow [wiederholt] die Gedanken Gobineaus« (F. Kokoschkin). Die Doktrin von der Überlegenheit des arischen über das semitische Element sei ein »deutsches Erzeugnis« (Wjatscheslaw Iwanow).

Was aber galt es uns nun zu tun mit unserem »Buckel auf dem Rücken«? In einem »progressiven Zirkel« widmete Gorkij Ende 1916 »einen zweistündigen Vortrag allerlei Begeiferung des ganzen russischen Volkes und übermäßiger Lobpreisung des jüdischen Volkes«, berichtet der progressive Duma-Abgeordnete Mansyrew, einer der Begründer dieses »Zirkels«. (34)

Über diese Erscheinung schreibt ein jüdischer Autor unserer Tage objektiv und klarsichtig: »Es ging eine Umerziehung der gebildeten russischen Gesellschaft vonstatten, die sich das jüdische Problem leider weitaus mehr zu Herzen nahm, als zu erwarten gewesen wäre ... Das Mitgefühl für die Juden wuchs sich beinahe zu einer so imperativischen Formel aus wie >Gott, Zar und Vaterland<«, die Juden wiederum »machten sich diese in der Gesellschaft bestehende Tendenz entsprechend ihrem Zynismus zunutze.« (35 )
Rosanow nannte das in jenen Jahren das jüdische »gierige Bedürfnis, alles in ihre Hände zu bekommen«.(36)
W. Schulgin fasste es in den 1920er-Jahren so zusammen: »Das Judentum griff in jener Zeit [ein Vierteljahrhundert vor der Revolution] nach dem politischen Leben des Landes ..eroberte das politische Russland ...
Das Gehirn der Nation (wenn man die Regierung und Regierungskreise außer Acht lässt) befand sich in jüdischen Händen und es wurde zur Gewohnheit, nach jüdischen Vorgaben zu denken.« »Bei all den »Beschränkungen< beherrschten die Juden doch ... die Seele des russischen Volkes.« (37)

Aber wurde sie wirklich von den Juden beherrscht? Oder wussten die Russen nur nicht, was mit ihr anfangen?

In jenem Band »Der Schild« bemühte sich Mereshkowskij zu erklären, dass Judophilie durch Judophopie hervorgerufen wird, dass sich eine gleichermaßen blinde Bejahung der fremden Nationalität bildet, die auf jedes absolute »Nein« mit einem absoluten »Ja« antwortet.(38)
Professor J. Baudouin de Courtenay schränkte ebenfalls in diesem Band ein: »Viele, auch im Lager der »politischen Freunde« der Juden, empfinden Abneigung gegen sie, und unter vier Augen gestehen sie diese auch ein. Da kann man natürlich nichts machen. Empfindungen der Sympathie und Antipathie ... hängen nicht von uns ab.« Jedoch sei es erforderlich, »nicht nach dem Affekt, [sondern] nach dem Verstand« zu handeln. (39)

Mit größerer öffentlicher Resonanz und mit großer Umsicht brachte 1909 die Unklarheit des damaligen geistigen Zustandes der Gesellschaft P. B. Struve zum Ausdruck, der sein ganzes Leben lang auf seinem Weg vom Marxismus hin zur Rechtsstaatlichkeit unentwegt trennende Barrieren und nebenbei auch andere Tabus niedergerissen hatte. Es handelt sich um eine heute völlig in Vergessenheit geratene, aber historisch bedeutsame Polemik, die zunächst im März 1909 in der liberalen Zeitung »Slowo« [»Das Wort«] erschien - und sich sogleich lawinenartig über die ganze russische Presse verbreitete.

Begonnen hatte alles mit der aufgeblähten, viel zitierten »Tschirikow- Episode«, einem heftigen Eklat in einem engen Literaturzirkel, wo Tschirikow*1), der Autor des wohlmeinenden Theaterstücks »Die Juden«, plötzlich des Antisemitismus bezichtigt wurde. (Wegen seiner bei einem literarischen Tischgespräch fallen gelassenen Bemerkung, dass die meisten Petersburger Rezensenten Juden seien und fraglich sei, ob diese wohl Zugang zu Themen des russischen Alltagslebens hätten.) Dieses Ereignis brachte in der russischen Gesellschaft schlagartig einiges in Bewegung.

(Der Journalist Ljubosch nannte es damals »jene Einkopekenkerze, an welcher Moskau abbrannte«.)
Jabotinsky hatte das Gefühl, dass er sich in seinem ersten Aufsatz nicht ausreichend über die Tschirikow-Episode geäußert hatte, und so brachte er am 9. März in »Slowo« einen zweiten Artikel: »Asemitismus«. Er drückte in ihm seine Beunruhigung und Empörung darüber aus, dass ein Großteil der fortschrittlichen Presse die Angelegenheit Tschirikows und Arabashins *2) totschweigen wolle. Dass sogar eine gewisse führende liberale Zeitung (hier spielte er auf die »Russkie Wedomosti« [»Russische Nachrichten«] an) schon seit 25 Jahren angeblich nichts geschrieben habe »über die verzweifelte Hetze des jüdischen Volkes ...
Seither gilt das Totschweigen wohl als besonderer Schick unter den progressiven Judophilen.« Der ganze Schaden werde gerade durch das Totschweigen der jüdischen Frage angerichtet. (Da kann man ihm sehr zustimmen.) Als Tschirikow und Arabashin »versicherten, dass nichts Antisemitisches in ihren Worten gewesen sei, so hatten sie damit völlig Recht«. Wegen des bei uns schon
traditionellen Schweigens »kann man allein wegen des Wortes >Jude< oder für jede ganz unschuldige Bemerkung über jüdische Besonderheiten unter die Antisemiten geraten ... Die Juden wurden dadurch nur zu einer Art Tabu gemacht, gegen das man nicht einmal die allerharmloseste Kritik hervorbringen darf, und durch diese Manier verlieren mehr als sonst irgendjemand gerade die Juden.« (Auch damit wird man völlig übereinstimmen.) »Es entsteht der Eindruck, als sei schon der Name >Jude< ein Wort, dass man nicht drucken kann.« Das ist »der Widerhall einer allgemeinen Stimmung, die ihren Weg in die Kreise der mittleren fortschrittlichen russischen Intelligenzija gefunden hat... Dokumentierbare Beweisstücke finden sich nicht, das Vorhandensein einer solchen Stimmung lässt sich bislang lediglich erfühlen«, doch genau das ist auch das Besorgnis Erregende: erfühlbar, aber nicht dokumentierbar, die Juden hören den heranrollenden Donner nicht und es trifft sie unvorbereitet. Einstweilen »ballt sich da ein Wölkchen und man vernimmt kaum ein fernes, noch schwaches, aber schon bedrohliches Brausen«. Es ist nicht Antisemitismus, vorläufig ist es nur »Asemitismus« - doch auch er kann nicht geduldet werden, Neutralität ist nicht zu rechtfertigen: Nach dem Kischinjower Pogrom und in Zeiten, da die reaktionären Zeitungen »den entflammten Zunder des Hasses« verbreiten, ist unannehmbar, dass sich die russische fortschrittliche Presse »zu einer der tragischsten Fragen des russischen Lebens« ausschweigt. (40)

»Slowo« bemerkte dazu im Leitartikel derselben Nummer: »Die Beschuldigungen des Autors an die Adresse der progressiven Presse entsprechen nach unserer Auffassung in äußerst geringem Maße der tatsächlichen Sachlage. Wir haben Verständnis für jene Empfindungen, die dem Autor seine bitteren Zeilen diktiert haben, doch ist es ungerechtfertigt, der russischen Intelligenzija beinahe schon eine absichtsvolle Taktik des Totschweigens der jüdischen Frage zuzuschreiben. Im russischen Leben gibt es so viele ungelöste Probleme, dass es unumgänglich ist, jedem von ihnen ziemlich wenig Raum zu geben ... Und schließlich hat die günstige Lösung vieler dieser Probleme eine große Bedeutung auch für das Leben der Juden als Bürger unserer gemeinsamen Heimat.«(41)

Richtete »Slowo« damals die Frage an Jabotinsky, warum er nicht für jene Einfaltspinsel eingetreten war, die doch eine »ganz unschuldige Bemerkung über jüdische Besonderheiten« gemacht hatten? Wurde solchen etwa Aufmerksamkeit geschenkt und wurden sie von der jüdischen Öffentlichkeit in Schutz genommen? Oder sah diese nur zu, wie sich die russische Intelligenzija solcher »Antisemiten« entledigte? Nein, an diesem »Tabu« waren auch die Juden mitschuld, und nichts weniger.

Die Zeitung begleitete die Eröffnung der Diskussion noch mit einem weiteren Artikel: »Übereinstimmung, aber nicht Verschmelzung« von W. Golubew. Der Zwischenfall mit Tschirikow »stellt nicht im Entferntesten einen Einzelfall dar«, »die nationale Frage ... beschäftigt in der Gegenwart ... auch unsere Intelligenzija«. Vor nicht allzu langen Jahren, vor allem im Jahr der Revolution [von 1905], beging unsere Intelligenzija die »Sünde« des Kosmopolitismus. »Dieser Kampf im Innern der Gesellschaft sowie zwischen den Nationalitäten im Russischen Reich hinterließ seine Spuren.« Wie auch andere Nationalitäten mussten sich in jenen Jahren »auch die russischen Menschen Gedanken über ihre nationale Bestimmung machen ..., als nichtstaatliche Nationalitäten darangingen, sich selbst zu definieren, da wurde eine Selbstdefinition auch für den russischen Menschen unumgänglich«. Sogar über die russische Geschichte sind »wir russischen Intellektuellen fast weniger unterrichtet« als über die europäische. Stets waren für uns die »allgemein menschlichen Ideale ... viel wichtiger als das eigene Schaffen«. Doch selbst nach Meinung Wladimir Solowjows, der dem Nationalismus fern stand, »ist es notwendig, bevor man zum Träger allgemein menschlicher Ideale werden kann, sich selbst auf eine gewisse nationale Höhe zu erheben. Dieses Gefühl der Selbsterhebung beginnt offenbar selbst in die Sphäre der Intelligenzija vorzudringen.« Bisher »verschwiegen wir die Besonderheiten ... der russischen Menschen«. Und darin, dass wir uns ihrer erinnern, liegt nicht der geringste Antisemitismus, und das heißt durchaus nicht, dass andere Nationalitäten nieder- gedrängt werden - unter den Nationalitäten soll »Übereinstimmung, aber nicht Verschmelzung sein«. (42)

Vielleicht brachte »Slowo« deshalb diese grundsätzliche Vorrede, weil in der Setzerei des Blattes bereits an dem Artikel P. B. Struves gearbeitet wurde, der zufällig in Konfrontation zu dem Artikel Jabotinskys stand, unabhängig von diesem eingegangen und ebenfalls der Tschirikow-Episode entsprungen war. Der Artikel »Die Intelligenzija und das nationale Antlitz« erschien denn auch gleich am folgenden Tag, dem 10. März, in der Zeitung »Slowo«.

Struve schrieb: »Diese Angelegenheit«, die »bald vergessen« sein wird, »hat erwiesen, dass etwas in den Köpfen sich erhoben hat, erwacht ist und sich nicht beruhigt. Dieses erwachte Etwas fordert nun Aufmerksamkeit.« »Die russische Intelligenzija verblasst zu einer >russländischen< ... Ohne Not und fruchtlos verhüllt sie ihr nationales Antlitz«, aber »man kann es nicht verhüllen«. »Nationalität ist etwas weitaus Unzweifelhafteres [als Rasse, Hautfarbe] und zugleich Zarteres. Es handelt sich um ein Gefühl geistiger Anziehung und Abstoßung, und um sich ihrer bewusst zu
werden, braucht man weder zu anthropometrischen Instrumenten noch zu genealogischen Forschungen zu greifen. Beide leben und beben in der Seele.« Man kann und muss darum kämpfen, dass diese Gefühle der Anziehung und Abstoßung sich nicht in den Gesetzen niederschlagen, »aber >staatliche< Gerechtigkeit verlangt von uns nicht >nationale< Gleichgültigkeit. Diese Gefühle der Anziehung und Abstoßung gehören zu uns, sie sind unser besonderes Eigentum«, es geht um »das organische Gefühl der Nationalität ... und ich sehe nicht den geringsten Grund ... dieses Eigentums zu entsagen, zu welchem oder wessen Gunsten auch immer«.
Es ist, so wiederholt Struve, notwendig, eine Grenze zu ziehen zwischen dem Bereich des Rechtlichen, Staatlichen und dem Bereich unserer Gefühle. »Speziell in der jüdischen Frage ist das sowohl sehr leicht als auch sehr schwierig.« »Die jüdische Frage ist formell gesehen eine juristische Frage«, und deshalb ist es leicht und natürlich, ihr zu entsprechen' den Juden Gleichberechtigung geben - jawohl, natürlich! Aber ihr zu entsprechen ist zugleich auch »sehr schwer, weil das Gefühl des Abgestoßenseins vom Judentum bei den verschiedenen Schichten der russischen Bevölkerung faktisch sehr stark ist und eine große moralische und logische Klarheit erforderlich ist, um ungeachtet dieser Abstoßung die juristische Frage ein für alle Mal zu lösen«. Allerdings: »Bei aller Kraft der Abgestoßenheit von den Juden bei breiten Schichten der russischen Bevölkerung, sind uns doch die Juden von allen >Andersgläubigen< am nächsten, sind wir mit ihnen von allen am engsten verbunden. Das ist ein kulturhistorisches Paradoxon, aber es ist so. Die russische Intelligenzija hat die Juden immerzu den ihren gezählt, sie als Russen angesehen, und das nicht etwa zufällig, nicht umsonst und nicht infolge eines >Missverständnisses<. Die bewusste Initiative der Abkehr von der russischen Kultur, der Manifestierung der jüdischen nationalen« Besonderheit ging nicht von der russischen Intelligenzija aus, sondern von derjenigen jüdischen Bewegung, die unter der Bezeichnung Zionismus bekannt ist... Ich habe keinerlei Sympathie für den Zionismus, aber ich begreife, dass das Problem der >jüdischen< Nation besteht« und sogar wächst. (Es ist viel sagend, dass er sowohl »jüdisch« als auch »national« in Anführungsstriche setzt - so schwer fällt es ihm zu glauben, dass sich die Juden für etwas Eigenes halten sollen.) »Es gibt in Russland keine >Andersgläubigen«, die in der russischen Kultur solch eine Rolle spielen ... Darin liegt noch ein weiteres Problem: Sie spielen diese Rolle, bleiben dabei aber Juden.« Man wird nicht die Rolle der Deutschen in der russischen Kultur und Wissenschaft bestreiten wollen; doch wenn die Deutschen in die russische Kultur eintreten, so gehen sie ganz und gar in ihr auf. »Nicht so die Juden.«
Er schließt: »Es steht uns nicht gut an, mit [dem russischen Nationalgefühl] herumzutricksen und unser Antlitz zu verhüllen .. Ich und jeder andere Russe, wir alle haben ein Anrecht auf diese Gefühle ... Je klarer das begriffen wird ..., desto weniger Missverständnisse wird es in der Zukunft geben.« (43)

Das ist wohl wahr. Nur hätten wir einige Jahrzehnte früher daraufkommen sollen. (Die Juden kamen viel früher darauf als die Russen.)

Als hätten alle Zeitungen nur darauf gewartet, braute sich ab dem folgenden Tag der Sturm zusammen. In der liberalen »Nascha Gaseta« („Unsere Zeitung«] (»Ist es zeitgemäß, das auszusprechen«? - eine klassische Frage), wie auch in der rechten »Nowoje Wremja« [»Neue Zeit«] und der - schwankend konstitutionell-demokratischen Petersburger »Retsch« [»Die Rede«], wo Miljukow sich einen Seufzer nicht verkneifen konnte: Jabotinsky »hat erreicht, dass das Schweigen beendet ist und das Schlimme und Bedrohliche, was die progressive Presse und Intelligenzija vor den Juden verborgen halten wollten, schließlich doch in seinen wahren Ausmaßen zutage getreten ist«. Im Weiteren gelangte Miljukow mit seiner untrüglichen berechnenden Kühle zum Verdikt. Vor allem anderen steht eine wichtige Warnung: Wohin wird das führen? Wem nützt das? »Das nationale Antlitz«, das man angeblich »nicht verbergen darf« - das nähert sich doch den rechtsradikalen Fanatikern an! (Das heißt also, man muss das »nationale Antlitz« eben doch verhüllen.) Kurzum, »auf der schiefen Ebene des ästhetischen Nationalismus« wird die Intelligenzija schnell ausarten und »in wahrhaftigen Stammes-Chauvinismus« verfallen, diese Ausgeburt »der fauligen Atmosphäre der gegenwärtigen gesellschaftlichen Reaktion«. (44)

Der 40-jährige Struve hingegen antwortete mit schon fast jugendlichem Schwung in »Slowo« bereits am 12. März auf die »schulmeisterlichen Worte« Miljukows, und zwar seinerseits vor allem anderen auf diese Phrase: »Wohin wird das fuhren?« (»Wem nützt das?«, »auf wessen Mühlen?« - auf diese Weise wird man noch ein ganzes Jahrhundert hindurch Mäuler stopfen, bei allen möglichen Themen. Das ist eine sinnverdrehende Wendung, ohne jeden Begriff davon, dass Worte für sich allein ehrlich und gewichtig sein können.) »Unsere Ansichten werden nicht in der Sache bestritten«, sondern nur polemisch auf eine »Projektion« bezogen, auf die Frage, »wohin sie fuhren werden«. (45)

(Nach einigen weiteren Tagen schrieb »Slowo«: »Die alte Manier, eine Idee, die man nicht teilt, und die Person, die sie äußert, zu diskreditieren, indem man in hässlicher Weise darauf anspielt, dass diese Ideen in der »Nowoje Wremja« und im >Russkoje Snamja< [»Russisches Banner«] volle Zustimmung finden würden, eine solche Manier ist der progressiven Presse unseres Erachtens vollkommen unwürdig.« (46) )
Und zur Sache: »Mit nationalen Fragen gehen zur gegenwärtigen Zeit starke, mitunter stürmische Gefühle einher. Diese Gefühle sind, soweit sie Ausdruck einer nationalen Persönlichkeit sind, völlig rechtmäßig, und ... [sie] auslöschen zu wollen, ist ... eine große Abnormität.« Drängt man sie ab ins Innere, so werden sie in entstellter Form wieder hervorbrechen. »Dieser grässliche >Asemitismus< ist eine weitaus günstigere Grundlage für eine rechtliche Lösung der jüdischen Frage als der ausweglose Kampf ... des Antisemitismus« gegen den Philosemitismus<. Keine der nichtrussischen Nationalitäten hat es nötig,... dass sie alle Russen unbedingt lieben, und noch viel weniger, dass sie heucheln, sie würden sie lieben. Wahrlich, >Asemitismus< in Verbindung mit einem klaren und nüchternen Verständnis gewisser moralischer und politischer Prinzipien und ... staatlicher Notwendigkeiten ist für unsere jüdischen Mitbürger weitaus notwendiger und nützlicher als ein sentimental- schwammiger >Philosemitismus<«, besonders ein vorgeschützter. »Auch für die Juden ist es nützlich, das offene nationale Antlitz«« des russischen Konstitutionalismus und der demokratischen Gesellschaft zu sehen. »Für sie ist es durchaus nicht nützlich, sich der Illusion hinzugeben, dass ein solches Antlitz nichts anderes als antisemitischer Fanatismus ist.« Das ist »kein Medusenhaupt, sondern das ehrliche und gute Antlitz der russischen Nation, ohne das auch der >russische< Staat nicht bestehen kann«. Die Redaktion fügte noch hinzu: »Übereinstimmung ... bedeutet die Anerkennung aller Besonderheiten jeder [Nationalität] und die Achtung dieser Besonderheiten.« (48)

Die flammenden Zeitungsdebatten gingen weiter. »Binnen weniger Tage entstand so schon eine ganze Literatur.« Es entstand »in der progressiven russischen Presse ... etwas noch kurze Zeit vorher völlig Unmögliches: Man debattierte die Frage eines großrussischen Nationalismus!« Es war die Zeitung »Slowo«, welche den Streit auf dieses Niveau angehoben hatte, während die anderen Zeitungen sich auf Gefühle von »Anziehung und Abstoßung« beschränkten. (50)

Die Intelligenzija lief gereizt Sturm gegen die noch vor kurzem als Held verehrte Organisation »Oswobosh- denie« [»Befreiung«].

Auch Jabotinsky verstummte nicht, und meldete sich gleich zwei Mal zu Wort. Als »Bär aus seiner Höhle« bezeichnete er den doch so ruhigen und wohl bedachten Pjotr Struve. Jabotinsky war gekränkt, bezeichnete Struves Artikel und mit einem Atemzug auch den Artikel Miljukows als »glänzenden Auftritt der Primi«; »ihre liebliche Deklamation ist von Heuchelei, Unaufrichtigkeit, Kleinmut und Liebedienerei erfüllt und daher auch so schwer verdaulich geistlos«. Bei Miljukow fischt er heraus, dass es »bei der alten, heiligen und reinen russischen Intelligenzija« wohl »antijüdische >Abgestoßenheit< gegeben hat? ... Interessant.« Er verwünschte das »heilige und reine« Klima dieses herrlichen Landes« und die »zoologische Spezies des Ursus judaeophagus intellectualis [des intellektuellen Judenfresserbären]«. (Auch der versöhnliche Winawer bekam das Seine ab: »Ein jüdischer Dienstbote des russischen Palastes.«) Jabotinsky
bestritt zornig, dass die Juden darauf warten würden, »dass die allgemein staatliche Aufgabe gelöst würde« (also der Sturz des Zaren): »Wir danken für diese schmeichelhafte Meinung über unsere Bereitschaft zur hündischen Selbstverleugnung« und über »die Wendigkeit des treuuntertänigen Israel«. Dann schloss er gar, dass »sich niemals zuvor die Ausbeutung eines Volkes durch ein anderes Volk mit solch unschuldigem Zynismus definiert hat«.(51)

Man muss erkennen, dass diese ausgesprochene Heftigkeit seines Tons seine Auffassung nicht populärer machte. Schon die nächste Zukunft erwies, dass eben doch der Sturz des Zaren den Juden vormals nicht erreichbare Positionen zugänglich machen würde, ihnen sogar mehr Möglichkeiten eröffnen sollte, als sie je erkämpfen wollten, und damit dem Zionismus in Russland der Boden entzogen würde, sodass Jabotinsky auch in der Sache Unrecht hatte.

Viel später erinnerte sich ein anderer Zeuge jener Zeit, ein Bundist, kühl und sachlich: » In den Jahren 1907 bis 1914 erfasste in Russland wenn keine offen antisemitische, so doch eine >asemitische< Seuche auch einige Liberale in der russischen Intelligenzija, und die Enttäuschung über die maximalistischen Tendenzen der ersten russischen Revolution gab anderen Anlass, die Verantwortung dafür der augenfälligen Beteiligung von Juden an der Revolution zu geben.« In den Vorkriegsjahren »war ein Anwachsen des russischen Nationalismus zu beobachten ... in manchen Kreisen zumal, wo doch nicht lange zuvor die jüdische Frage wie eine russische Frage aufgefasst worden war«.(52)

1912 gab Jabotinsky, der sich inzwischen beruhigt hatte, folgende interessante Beobachtung eines bekannten jüdischen Journalisten wieder: Stets wenn sich Juden für irgendeine kulturelle Angelegenheit zu interessieren begonnen hätten, so wäre diese augenblicklich für das russische Publikum fremd geworden und hätte seine Anziehungskraft verloren. So eine Art unsichtbare Abstoßung. Gewiss wird eine nationale Grenzlinie unverzichtbar sein, eine Organisation des russischen Lebens »ohne Beimengungen von außen, die in solcher Massiertheit für [die Russen] offenbar nicht annehmbar sind«.(53)

Betrachtet man all das hier Dargestellte, so wird man höchstwahrscheinlich folgern, dass in der russischen Intelligenzija (wie in vielen historischen Erscheinungen) zwei Prozesse gleichzeitig vonstatten gingen, die sich in Bezug auf die Juden zwar im Temperament, keineswegs aber im Grad des Wohlwollens unterschieden. Der Prozess, den Struve vertrat, war leise, seiner selbst ungewiss und unterdrückt, während der, der sich lautstark im philosemitischen Sammelwerk »Das Schild« manifestierte, an Stimmgewalt und an gesellschaftlichem Echo überlegen war. Es bleibt zu bedauern, dass Jabotinsky die Auffassung Struves nicht wertschätzte, ihre Vorzüge nicht erkannte.
Die Diskussion des Jahres 1909 in »Slowo« blieb nicht beim Thema der Juden und wuchs sich zu einer Erörterung des russischen nationalen Bewusstseins aus, die nach der darauf folgenden 80-jährigen Taubheit unserer Gesellschaft für uns auch heute noch frisch und lehrreich ist. P. Struve erklärte: »So wie es nicht angeht, diejenigen >russifizieren< zu wollen, die nicht zu »verrussen« wünschen, so geht es auch nicht an, dass wir uns selbst >russlandifizieren<«, in der Multinationalität Russlands versinken und unsere Identität abstreifen.(54)

W. Golubew protestierte gegen »das Monopol des Patriotismus und Nationalismus bei den reaktionären Gruppen«. »Wir haben aus dem Blick verloren, dass die japanischen Siege in nieder- drückender Weise auch auf das volkstümliche, das nationale Gefühl gewirkt haben. Unsere Niederlage hat nicht nur die Bürokratie erniedrigt«, was die Gesellschaft ja auch wünschte, »sondern mittelbar auch die Nation«. (Oh, weitaus nicht »mittelbar«, sondern ganz direkt!) »Die russische Nation ... ist ganz klein geworden.« (55)

»Es ist auch kein Scherz, wenn das Wort >russisch< geschändet wird, indem es zu »wahrhaft russisch« abgewandelt wird.« Die progressive Öffentlichkeit hatte diese Begriffe verloren, den Rechten überlassen. »Der Patriotismus wurde von uns nicht anders als nur in Anführungsstrichen begriffen.« Dabei »muss man einem reaktionären Patriotismus mit einem volkstümlichen Patriotismus entgegentreten ... Mit unserer ablehnenden Haltung zum Patriotismus der Schwarzen Hundertschaften erstarrten wir, und wenn wir diesem etwas entgegensetzten, so war es nicht Patriotismus, sondern allgemein menschliche Ideale.«(56 )
Gleichwohl hätte uns all unser Kosmopolitismus bis heute nicht so weit gebracht, dass wir mit der polnischen Gesellschaft hätten Freundschaft schließen können.(57)

A. Pogodin erinnerte sich: Nach der geharnischten Antwort W. Solowjows auf das Werk »Russland und Europa« von Danilewskij und nach dem Artikel Gradowskijs zeigten sich nun »erste Anzeichen dieses Bewussteins, das bei Völkern in den Augenblicken drohender Gefahr als Selbsterhaltungstrieb erwacht«. (Es fügte sich so, dass just in den Tagen dieser
Diskussion im März 1909 der russische Staat seine nationale Erniedrigung lebte: Er war gezwungen, mit kläglicher Unterwürfigkeit die österreichische Annexion Bosniens und der Herzegowina anerkennen zu müssen -sein »diplomatischesTsushima« .)

»Verhängnisvollerweise wenden wir uns dieser Frage zu, die noch vor so kurzem der russischen Intelligenzija völlig fremd war, und nun vom Leben so scharf gestellt wird, dass man ihr nicht mehr ausweichen kann.« (58)

»Slowo« resümierte: »Der zufällige ... Zwischenfall diente als Auslöser für einen ganzen Sturm in den Zeitungen.« Es zeigt sich, dass »die russische Gesellschaft das Bedürfnis nach einer nationalen Selbstfindung verspürt«. Sie hätte sich in den vergangenen Jahren »nicht nur jener falschen antinationalen Politik geschämt ..., sondern auch des wirklichen Nationalismus, ohne den staatliches Schaffen undenkbar ist«. Ein schaffenskräftiges Volk »hat notwendigerweise ein eigenes Antlitz«.(59)
»Minin*3) war ein zweifelsfreier Nationalist.« Der Nationalismus sei konstruktiv, staatstragend, lebendigen Nationen eigen, und genau einen solchen Nationalismus benötigten wir jetzt. (60) »Wie vor 300 Jahren fordert die Geschichte von uns eine Antwort, fordert, dass wir in den schlimmen Tagen der Prüfung« antworten, »ob wir als eigenständiges Volk das Recht auf eine selbst ständige Existenz haben«. (61)

Man spürte schon das Nahende in der Luft! Obgleich das Jahr 1909 doch ansonsten ziemlich friedlich war.

Wir wollen folgende zutreffende Äußerung M. Slawinskijs nicht übergehen: »Der Versuch, ganz Russland zu russifizieren oder, genauer gesagt, zu großrussifizieren ..., erwies sich als Unheil bringend für die lebendigen nationalen Züge nicht nur aller nichtstaatlichen Völkerschaften im Reich, sondern vor allem für die großrussische Nation ... Die kulturellen Stärken der großrussischen Nation erwiesen sich als dafür zu schwach.« Für die großrussische Nation sei nur intensives Wachsen nach Innen, ein normaler Blutkreislauf gut. (62) (Leider haben die Russen diese Lektion auch' heute noch nicht gelernt.)
»Der Kampf mit dem physiologischen Nationalismus ist unumgänglich, [wenn] die stärkere Volksgruppe danach trachtet, schwächeren Völkerschaften ein ihnen fremdes Staatswesen auf- zuoktroyieren.« (63) Ein solches Imperium hätte nicht durch physische Kraft allein begründet werden können, sondern nur mit »moralischer Kraft«. Wenn wir die hätten, dann sei die Gleichberechtigung der Völker (der Juden, der Polen) für uns überhaupt keine Bedrohung.
Schon auf dem Höhepunkt des 19. Jahrhunderts und umso mehr zu Beginn des 20. Jahrhunderts vermeinte sich die russische Intelligenzija auf einer hohen Stufe der Globalität, der Allgemeinmenschlichkeit, des Kosmopolitismus und des Internationalismus (was sie damals noch nicht unterschied). Schon damals hatte sie sich in vieler Hinsicht und fast durchgehend vom Russisch-Nationalen losgesagt. (Von der Tribüne der Staatsduma herab übte man sich in dem Scherz: »Patriot - Ischariot«.)

Die jüdische Intelligenzija hingegen sagte sich nicht vom Nationalen los, und sogar radikale jüdische Sozialisten bemühten sich, irgendwie ihre Ideologie mit dem Nationalgefühl zu vereinbaren. Aber zu derselben Zeit war von den Juden - von Dubnow über Jabotinsky bis Winawer - nie ein Wort davon zu hören, dass die mit ganzer Seele zu ihren geknechteten Brüdern stehende russische Intelligenzija sich nicht unbedingt von ihrem Nationalgefühl lossagen musste. Gerechterweise hätte das aber gesagt werden müssen. Diese Verkehrung begriff damals niemand: Unter Gleichberechtigung verstanden die Juden etwas Größeres.
Und die russische Intelligenzija schritt einsam weiter in die Zukunft.

Die Juden bekamen ihre Gleichberechtigung unter dem Zaren nicht, doch sie bekamen teilweise eben deshalb die Hand und die Treue der russischen Intelligenzija gereicht. Die Kraft ihrer Entwicklung, ihres Drucks, ihres Talents fand ihren Platz im russischen gesellschaftlichen Bewusstsein.

Unsere Begriffe von unseren Zielen, unseren Interessen, die Impulse, die zu unseren Entscheidungen führten, vermischten wir mit ihren Begriffen. Wir übernahmen ihren Blick auf unsere Geschichte und auf die Auswege aus ihr.
Das zu verstehen ist wichtiger als nachzurechnen, wie viel Prozent der Juden dabei waren, Russland aus der Bahn zu werfen (aus der Bahn warfen es wir alle), wie viele Revolution machten oder an der bolschewistischen Macht teilhatten.





*3) Kusma Minin (+1615/16: Der Bürgerälteste von Nishnij Nowgorod, Initiator des Volksaufstandes 1611-1612 gegen die polnische Invasion

*2)Konstantin Iwanowitsch Arabashin (1866-1929), Schriftsteller, Literaturhistori­ker, Theaterkritiker


*1) Jewgenij Nikolajewitsch Tschirikow (1864-1932), Prosaiker, Dramatiker, Publizist,
seit 1920 im Exil, später einer der bedeutendsten Vertreter der russischen literarischen
Kolonie in Prag

Sabbatarier: siehe oben, Kap. 2, S. 71







Anmerkungen zu Kapitel 11


(1) B.-C. Dinur: Religiozno-nacionaTnyj oblik russkogo evrejstva (Das religiös-nationale Antlitz des russischen Judentums), in: BRJ-1, S. 319, 322.


(2) F. M. Dostoevskij: Dnevnik pisatelja: za 1877, 1880 i 1881 gody (Dostojewskij: Tagebuch des Schriftstellers über die Jahre 1877, 1880 und 1881), Moskau, Leningrad: GIZ, 1929. März 1877, Kap. 2, S. 78.


(3) Ja. L. Tejtel': Iz moej zizni za 40 let (Vierzig Jahre aus meinem Leben), Paris: Povolockij, 1925, S. 227 f.


(4) JE, Bd. 11, Sp. 894.


(5) V. S. Mandel': Konservativnye i razrusitel'nye idei v evrejstve (Konservative und zerstörerische Elemente im Judentum), in: RuJ, S. 201,203.


(6) D. O. Linskij: O nacional'nom samosoznanii russkogo evreja (Über das nationale Selbstverständnis des russischen Juden, in: Ruf, S. 142.

(7) G. A. Landau: Revoljucionnye idei v cvrcjskoj obscestvennosti (Revolutionäre Ideen in der jüdischen Öffentlichkeit), in: Ruf, S. 115.


(8) Gosudarstvennaja Duma - Vtoroj sozyv (im Weiteren: GD-2). Stenograficeskij otcet. Sessija 2, Bd. 1, Sankt Petersburg 1907, zasedanie 9, 13 marta 1907 (Staatsduma - Zweite Legislaturperiode. Stenografischer Bericht, Zweite Sit- zungsperiode, Sitzung 9 vom 13. März 1907), S. 522.


(9) P. G.: Marodery knigi (Marodeure des Buches), in: Ree' (Die Rede) vom 6. Mai 1917, S. 3.


(10) VI. Zabotinskij, in: Fel'etony (Feuilletons), St. Petersburg: Hpografija »Gerold«, 1913, S. 9-11.


(11) Ebd., S. 16,62 f., 176-180,253 f.


(12) Ebd., S. 26,30,75,172 f., 195,199 f., 205.


(13) Ebd., S. 15,17,69.


(14) Ebd., S. 18-24,175-177.


(15) Ebd., S. 14,200.


(16) Pamjati M. L. Visnicera (Zum Gedenken an M. L. Wischnizer), in: BRJ-1, S. 8.


(17) JE, Bd. 8, Sp. 466.


(18) JE, Bd. 7, Sp. 449 f.

(19) JE, Bd. 16, Sp. 276.


(20) I. M. Bikerman: Rossija i russkoe evrejstvo (Russland und das russische Judentum), in: RuJt S. 86.


(21) St. Ivannovi£: Evrei i sovetskaja diktatura (Die Juden und die Sowjetdiktatur), in: JW-1, S. 55 f.


(22) JE, Bd. 12, Sp. 372 f.


(23) G. B. Sliozbcrg: Dela minuvsich dnej. Zapiski russkogo evreja (Die Angelegenheiten vergangener Tage. Aufzeichnungen eines russischen Juden), in 3 Bden, Paris, 1933-1934, Bd. 1, S. 3 F.


(24) Sliozberg, Bd. 2, S. 302.


(25) Sliozberg, Bd. 1, S. 302.


(26) Linskij, in: RuJ, S. 144.


(27) V. A. Maklakov: Vlast' i obs£estvennost' na zakate staroj Rossii (Vospominanija sovremennika) (Obrigkeit und ÖfFentlichkeit am Abend des alten Russland [Erinnerungen eines Zeitgenossen]), Paris: Beilage zu »Illjustrirovannaja Rossija«, III, 1936, S. 466.


(28) Der letzte russische Alleinherrscher. Poslednij samoderzec: Oderk ihm i carst- vovanija imperatora Rossii Nikolaja Il-go, Berlin: Eberhard Frowein Verlag, (1913), S. 58.


(29) JE, Bd. 12, Sp. 621.


(30) Ebd.


(31) Nikolaj Bereljaev: Filosofija neravenstva (Die Philosophie der Ungleichheit), 2. Icorr. Aufl., Paris: YMCA-Press, 1970, S. 72.


(32) Sliozberg, Bd. 1, S. 260.


(33) Scit. Literaturnyj sbornik (Der Schild. Literarischer Sammelband), hg. von L. Andreev, M. Gor'kij, E Sologub, 3. erw. Aufl., Moskau: Russkoe ObWestvo dlja izudenija evrejskoj iizni, 1916.


(34) Fürst S. P. Mansyrev: Moi vospominanija (Meine Erinnerungen), in: FevraJska- ja revoljucija, hg. von S. A. AJekseev, Moskau-Leningrad: GIZ, 1925» S. 259.

(35) A. Voronel', in: »22«. Obscestvenno-politi£eskij i Literaturnyj zurnal evrejskoi intclligencii iz SSSR v Izraile (»22«. Gesellschaftspolitische und literarische Zeitschrift der jüdischen Intelligenzija aus der UdSSR in Israel), Tel Aviv 1986, Nr. 50, S. 156 f.


(36) Perepiska V. V. Rozanova i M. O. GerSenzona (Briefwechsel zwischen W. W. Rosanow und M. O. Gerschenson), in: Novyj mir, 1991, Nr. 3, S. 239.


(37) V. V. Sul'gin: »Cto nam v nich ne nravitsja ...« Ob Antisemitizme v Rossii (»Was uns an ihnen nicht gefallt...« Über den Antisemitmus in Russland), Paris 1929, S. 58,75.


(38) Scit (Der Schild), S. 164.


(39) Ebd., S. 145.


(40) VI. Zabotinskij: Asemitizm (Asemitismus), in: Slovo (Das Wort), St. Petersburg, 9. (22.) März 1909, S. 2; s. auch: Feietony (Feuilletons), S. 77-83.


(41) Slovo vom 9. (22.) März 1909, S. 1.


(42) V. Golubev: Soglasenie, a ne slijanie (Übereinstimmung, aber nicht Verschmelzung), in: Slovo vom 9. (22.) März 1909, S. 1.


(43) P. Struve: Intelligencija i nacional'noe lico (Die Intelligenzija und das nationale Antlitz), in: Slovo vom 10. (23.) März 1909, S. 2.


(44) P. Miljukov: Nacionalizm protiv nacionalizma (Nationalismus gegen Nationalismus), in: Ree' (Die Rede) vom 11. (24.) März 1909, S. 2.


(45) P. Struve: Polemiceskie zigzagi i nesvoevremennaja pravda (Polemischer Zickzack und unzeitgemäße Wahrheit), in: Slovo vom 12. (25.) März 1909, S. 1.


(46) Slovo vom 17. (30.) März 1909, S. 1.


(47) P. Struve, in: Slovo vom 12. (25.) März 1909, S. 1.


(48) V. Golubev: K polemike o nacionalizme (Zur Polemik über den Nationalismus), in: ebd., S. 2.


(49) M. Slavinskij: Russkie, velikorossy i rossijane (Russen, Großrussen und Bürger Russlands), in: Slovo vom 14. (27.) März 1909, S. 2.


(50) Slovo* vom 17. (30.) März 1909, S. 1.


(51) VI. Zabotinskij: Medved' iz berlogi (Der Bär aus seiner Höhle), in: FeTetony (Feuilletons), S. 87-90.


(52) G. Ja. Aronson: V bor'be za grazdanskie i nacionaTnye prava. Obscestvennye tecenija v russkom evrejstve (Im Kampf um bürgerliche und nationale Rechte. Gesellschaftliche Strömungen im russischen Judentum), in: BRJ-1, S. 229,572.


(53) VI. Zabotinskij, in: Fel'etony (Feuilletons), S. 245-247.


(54) P. Struve, in: Slovo vom 10. (23.) März 1909, S. 2.


(55) V. Golubev, in: Slovo vom 12. (25.) März 1909, S. 2.


(56) V. Golubev: O monopolii na patriotizm (Über das Patriotismusmonopol), in: Slovo vom 14. (27.) März 1909, S. 2.


(57) V. Golubev: Ot samouvazenija k uvazeniju (Von der Selbstachtung zur Achtung), in: Slovo vom 25. März (7. April) 1909, S. 1.


(58) A. Pogodin: K voprosu o nacionalizme (Zur Frage des Nationalismus), in: Slovo vom 15. (28.) März 1909, S. 1.


(59) Slovo vom 17. (30.) März 1909, S. 1.


(60) A. Pogodin, in: Slovo vom 15. (28.) März 1909, S. 1.


(61) Slovo vom 17. (30.) März 1909, S. 1.


(62) M. Slavinskij, in: Slovo vom 14. (27.) März 1909 S. 2.

(63) A. Pogodin, in: Slovo vom 15. (28.) März 1909, S. 1.
(64) Slovo vom 17. (30.) März 1909, S. 1


(Anmerkung A.S. bedeutet  "Anmerkung von Alexander Solschenizyn)

 

"Die russisch-jüdische Geschichte 1795-1916" und "Die Juden in der Sowjetunion" ab 1917 von Alexander Solschenizyn


Als das Buch in russischer Sprache erschienen war, schrieben:

Goeffrey A. Hosking im Times Literary Supplement:
" Solschenizyns Revision der traditionellen Version...ein faszinierendes Buch, geschrieben mit des Autors ganzer Begeisterung und sprachlicher Erfindungsgabe... ein starkes und aufschlussreiches Buch"

Iswestija:
"Der Autor hat mit diesem Buch einige der hartnäckigsten Stereotypen zerschlagen, welche die durch den Eisernen Vorhang isolierte Gesellschafz daran gehindert hatten, das "jüdische Problem" ruhig zu erörtern, vor allem in historischer Hinsicht."

Die Welt:
"Die Blüten, die die Debatte treibt,.....bestätigen, wie dringend ein solches Buch gebraucht wurde und welche Wissenslücken geschlossen werden müssen."

Der Tagesspiegel:
"Solschenizyn hat historische Fakten, Irritationen und Vorurteile zusammengetragen, wie sie das Zusammenleben von Russen und Juden seit jeher belasteten....ein löbliches Unterfangen, zumal eine solche Zusammenschau längst überfällig war."

Der Spiegel:
"Der Dichter wagt sich weit auf verminte Gebiete der Geschichtsschreibung."

Alexander Solschenizyn: 
 "Jedes absichtsvolle Verschweigen in der Geschichte ist unmoralisch und gefährlich."



Gibt es Parallelen zu heutigen Zeit?

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